Kluge Ideen brauchen keine laute Stimme
Darf man Hans Peter Doskozil nach seiner Erkrankung fragen? Und beeinträchtigt die heisere, brüchige Stimme die Wahlchancen der SPÖ mit ihm als Spitzenkandidat? Diese Fragen beschäftigen die Funktionäre, TV-Zuseher und Poster in den (un-)sozialen Medien seit Armin Wolfs Fragen dazu in der ZIB 2 am Dienstag. Die Aufregung darüber überrascht. Auch das profil und der ORF-Report haben die Gesundheit schon thematisiert, auch damals gab es eine Erregung, Wolf erregt halt meist um ein Vielfaches.
Nun hat sich auch der (burgenländische) Behindertenverband empört und die Frage als Skandal bezeichnet. Eine Behinderung gebe keine Auskunft über Fähigkeiten von Menschen. Das ist natürlich und traurigerweise falsch. Gehbehinderte Menschen werden nicht mit Spitzensportlern in deren Disziplinen mithalten können, haben aber in anderen Bereichen oft enorme Energien. Und dass für einen Politiker die Stimme eines der wichtigsten Werkzeuge ist, wird auch niemand bestreiten.
Doch bleiben wir zunächst bei der Empörung, ob man die Frage überhaupt stellen darf. Natürlich darf man das. Politiker sind längst zum gläsernen Menschen geworden. Wir verlangen Transparenz bei Einkommens- und Vermögensverhältnissen. In den USA ist die Veröffentlichung von Gesundheitsdossiers nach einem krankheitsbedingten Ausfall der Normalfall. Die Wähler haben ein Recht darauf zu wissen, wie leistungsfähig die Staatsspitzen sind, gerade in Krisenzeiten. Der Grüne Rudolf Anschober hat seine psychische Erkrankung offengelegt. Vielleicht könnte Hans Peter Doskozil durch ein Mehr an Transparenz die Diskussion darüber beenden. Mit Fragen dazu ist er bisher offen und locker umgegangen, das ist gut so.
Bleibt die Frage, wie sehr eine schwache Stimme für einen Politiker ein Handicap ist. Hier sollte man die Kirche im Dorf lassen. Wahlkämpfe werden nicht mehr im Bierzelt sondern in den Medien (vor allem im TV) geführt. Eine gute Idee muss nicht noch mehr Lärm erzeugen. Auch Wolfgang Schüssel wurde nie laut, Bruno Kreisky war gerade wegen seiner nuschelnden und langsamen Sprechweise legendär. Doskozil hat schon gezeigt, dass er trotz angeschlagener Stimme gewinnen kann. Problematisch wäre ein längerer Ausfall vor der Wahl, weil er sich immer wieder Operationen unterziehen muss.
Die Stimme wird also nicht Doskozils größtes Problem werden. Seine Gegner sollten sich eher mit seiner Politik im Burgenland beschäftigen, die sich in Sozial- und Wirtschaftsfragen das Attribut marxistisch verdient und zu hoher Verschuldung führen wird. Und Doskozil muss als oberster Genosse dafür sorgen, dass die SPÖ als Partei wieder eine starke und einheitliche Stimme bekommt. Im Parlament bei wichtigen Fragen prinzipiell dagegen zu stimmen, weil man nun gegen alles, was von der Regierung kommt, sein möchte, ist irritierend – für eine Partei, die wieder an die Spitze will, ist es wie ein stummer Schrei nach Liebe.
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