Kanzleramt als Karriere-Sprungbrett?

Eröffnung Bar und Brasserie im Hotel Park Hyatt
2,5 Millionen Dollar sind verdammt viel Geld für einen Ex-Politiker. Um zu bewerten, ob Deals nach nach politischen Tätigkeit korrekt sind oder nicht, braucht es zwei Dinge: Transparenz und Aufklärung
Richard Grasl

Richard Grasl

Jetzt also auch Sebastian Kurz. Der frühere Bundeskanzler reiht sich in eine Reihe von Vorgängern und Alt-Politikern ein, die nach dem Ende ihrer Karriere als Volksvertreter die guten Kontakte nützten, um damit Geld zu verdienen. Viel Geld wohlgemerkt. Und darin liegt schon das erste Problem: Niemand wird ernsthaft behaupten, dass man Politiker nach ihrem Ausscheiden mit einem Erwerbsverbot belegen soll. Im Gegenteil: Wir sollten uns eher Politiker wünschen, die entweder vor oder nach ihrer Tätigkeit am glatten Parkett der Regierungsarbeit beruflich erfolgreich sind. Der Input aus anderen Branchen ist hilfreich, die Abhängigkeit und Korruptionsanfälligkeit ist geringer, die Sesselkleber werden weniger.

Doch bei Summen, die sich die aller-allermeisten Menschen gar nicht vorstellen können, in ihrem gesamten Leben zu verdienen, ist eine kritische Auseinandersetzung gefragt. Denn weder Alfred Gusenbauer (samt Kasachstan-Connection), noch Werner Faymann (mit neuer Karriere im Wohnbau), Wolfgang Schüssel (fuhr am Arlberg mit Putin Ski und wechselte später in den russischen Lukoil-Aufsichtsrat) oder Viktor Klima (bei VW Argentinien) hätten ihre Karrieren wohl ganz ohne den Vorteil gemacht, dass sie Bundeskanzler gewesen sind und dabei Gott und die Welt kennengelernt haben, wobei die postpolitischen Gewinne zwischen den Genannten höchst unterschiedlich sind. (Im übrigen ist das auch kein rot-weiß-rotes Phänomen, sondern kommt überall in der Welt vor.)

Natürlich drehen jene Unternehmen, um die es dabei geht, die großen Räder. Am Beispiel Kurz und Benko geht es um die Vermittlung einer 100 Millionen Dollar-Finanzierung. Eine Provision von 2,5 Prozent ist nicht unüblich und summiert sich in diesem Fall auf 2,5 Millionen Dollar auf. Dieses Geld wird versteuert und wurde nicht gestohlen.

Knackpunkt ist: Hat ein Politiker während seiner Amtszeit Entscheidungen zugunsten von einflussreichen Menschen getroffen, um sich für die Zeit danach finanzielle Vorteile zu verschaffen? Wer sich eine verpflichtende, längere (etwa zweijährige) „Karenz“ von Ex-Politikern für Geschäfte mit großen internationalen Playern oder politiknahen Organisationen wünscht, muss aber dazusagen, dass der Staat diese Sperrfrist dann mit Ausgleichszahlungen refundieren müsste.

Vernünftiger wäre maximale und verpflichtende Transparenz für Geschäfte von Ex-Politikern, um herauszufinden, ob ihre neuen Auftraggeber zuvor begünstigt wurden. Im Fall von Benko und Kurz wusste man von einer guten Bekanntschaft. Auch dass Kurz 2018 mitgeholfen hat, die sofortige Kika/Leiner-Übernahme zu ermöglichen – vorgeblich, um die Jobs zu sichern. Großes Geschäft war der Deal für Benko nicht, Kurz plante damals wohl nicht seinen baldigen Abschied vom Kanzleramt. Doch genau um solche Abläufe zu beleuchten, sind parlamentarische Untersuchungsausschüsse da.

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