Österreich-Israel: Die wohltuende Normalität

Der israelische Präsident Isaac Herzog und der österreichische Präsident Alexander Van der Bellen schütteln sich die Hände.
Die Sonderstellung Israels darf nicht vor Kritik schützen
Andreas Schwarz

Andreas Schwarz

Israels Präsident Jitzhak Herzog hat bei seinem Staatsbesuch in Österreich den „kompromisslosen Kampf gegen Antisemitismus“ gelobt und die Beziehungen „gut wie nie“ genannt. Und Außenminister Alexander Schallenberg hat in einem Interview anlässlich des Besuchs „große Sorge“ angesichts des umstrittenen Justizumbaus durch die Regierung Netanjahu geäußert.

Beides wäre vor einiger Zeit noch undenkbar gewesen. Wer Israel kritisierte, setzte sich schnell dem Vorwurf des neuen Antisemitismus aus. Und die Beziehungen Österreich–Israel begannen erst vor genau 30 Jahren aufzutauen, als der damalige Kanzler Franz Vranitzky nach den Ich-habe-nichts-gewusst-Waldheim-Jahren in Jerusalem ein Bekenntnis zur österreichischen Mitverantwortung für die Opfer des Nationalsozialismus ablegte.

Seither: Turbulenzen bei FPÖ-Regierungsbeteiligungen, eine demonstrativ inszenierte „Liebe“ zwischen Sebastian Kurz und Benjamin Netanjahu, und nun Normalität. Es herrscht das Bewusstsein, dass Israels Situation nicht ohne seine Geschichte zu bewerten ist, dass die Erfahrung des Holocaust dem Staat eine Sonderstellung einräumt. Da kann man als Zeichen der Solidarität schon einmal die israelische Flagge auf dem Bundeskanzleramt hissen, wenn radikale Palästinenser Israel mit einem Raketenhagel überziehen; und man kann den Premier kritisieren, wenn die erwähnte Sonderstellung missbraucht wird, undemokratische Maßnahmen zum Erhalt des eigenen politischen Überlebens zu ergreifen. So normal, so gut.

Porträt eines Mannes mit Brille und blauem Sakko vor dem Schriftzug „Kurier Kommentar“.

Kommentare