Zukunft wird aus Zuversicht gemacht

Die Zeiger der Zukunft scheinen auf Niedergang gestellt. Klima, Kriege und Konstrukteure der Angst wie Putin, Trump und andere Despoten haben den meisten Bürgern in den letzten zehn Jahren die Stimmung gründlich verdorben. Hat die Zuversicht noch eine Zukunft? Gegen die weitverbreitete Resignation und den Alarmismus des „Es ist fünf vor 12“ braucht es neben besseren wirtschaftlichen Zahlen eine neue Haltung.
Der Kampf gegen die Krisen unserer Zeit und die Profiteure des Nieder- und Untergangs ist nicht verloren, im Gegenteil: Eine bessere Zukunft ist näher und wahrscheinlicher geworden als wir glauben wollen. Das zeigen zwei Themen.

Daniel Dettling.
Beispiel Klimakatastrophe: Trotz des erneuten Ausstiegs der USA aus dem Pariser Klimaabkommen sinken in fast allen Industrienationen die CO2-Emissionen. Europaweit ist die Kapazität für Wind- und Sonnenstrom in den letzten fünf Jahren mit dem „Green Deal“ um fast zwei Drittel gewachsen. Ein Fünftel der Produktion aus fossilen Brennstoffen wie Gas und Kohle konnten ersetzt werden. Die meisten Indikatoren der Energiewende verlaufen heute exponentiell. Der Absatz von Elektroautos steigt weltweit enorm an, vor allem in China, das mehr Wind- und Sonnenergie produziert als Europa und die USA zusammen und den Anteil zuletzt um 40 Prozent gesteigert hat. Erstmals seit der Pandemie sind Chinas CO2-Emissionen in diesem Jahr gesunken.
Beispiel Europa: Trotz der Wiederwahl Trumps und Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine steigt die Zustimmung der Bürger zu Europa. Über 50 Prozent vertrauen der EU, der beste Werte seit fast 20 Jahren. Mehr als zwei Drittel der Europäer sind für eine gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Die NATO, das westliche Verteidigungsbündnis, hat heute mehr Mitglieder als je zuvor. Immer mehr Staaten wollen EU-Mitglied werden. Europa wird souveräner und rüstet auf, militärisch, digital und ökonomisch. Fast 800 Mrd. Euro will die EU in den kommenden Jahren in ihre Verteidigungsfähigkeit investieren.
Jeder Trend erzeugt irgendwann einen Gegentrend. Das momentane Rollback, das Zurück in die Vergangenheit des fossilen, homogenen und nationalen Zeitalters, wird schneller vergehen als viele glauben. Die liberale Demokratie ist stärker und widerstandsfähiger als jede Staatsform, wirtschaftlich wie gesellschaftlich. Die normative Kraft des Wandels ist auf ihrer Seite. Der Mindset, die mentale Bewertung der Veränderungen, ändert sich: weg von Wut und Hass auf „die da oben“ hin zu einem „Trotzdem“. Freundlichkeit schlägt Missmut, Konstruktivität Ignoranz. „Schritt für Schritt, Jahr um Jahr wird die Welt besser“, schrieb der schwedische Arzt und Professor für Internationale Gesundheit Hans Rosling in seinem letzten Buch („Factfulness. Wie wir lernen, die Welt so zu sehen, wie sie wirklich ist“).
Die Entscheidung, vor der wir stehen, kann uns keine Regierung abnehmen. Wir müssen uns gemeinsam entscheiden: Wollen wir nach vorne in eine bessere Zukunft oder zurück in eine Welt, die es nie gab?
Zum Autor:
Daniel Dettling ist Zukunftsforscher und Politikwissenschaftler und Gründer des Instituts für Zukunftspolitik.
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