Zu alt für den Job, zu jung für die Pension

Eine ältere Geschäftsfrau plant mit ihrem Team in einer Besprechung.
Es braucht endlich Maßnahmen, die die Lücke zwischen Arbeitsleben und gesetzlichem Pensionsantritt schließen. Ein Gastkommentar von Miriam Frauenlob.

Soll es 67 sein, 70 oder gar 75? Wenn es um das Pensionsantrittsalter geht, überbieten sich marktliberale Ökonominnen und Ökonomen regelmäßig mit immer neuen Rekorden. Dabei blenden sie aus, wie die Realität älterer Menschen am Arbeitsmarkt tatsächlich aussieht. Schon heute schaffen es viele nicht einmal bis zum derzeit bestehenden Antrittsalter. Die allermeisten davon, nicht weil sie nicht wollen, sondern weil sie nicht mehr können oder schlicht nicht gelassen werden.

Eine aktuelle WIFO-Analyse zeigt das deutlich: Nur 73 Prozent der Männer und 72 Prozent der Frauen wechseln direkt aus einer Beschäftigung in die Pension. Mehr als ein Viertel scheidet früher aus, weil sie den Job vor der Pension verlieren, krank werden oder Betreuungspflichten haben. Der Preis dafür ist zweimal zu zahlen. Wenn Beitragsjahre fehlen, dann sinkt die Pension und das Risiko in der Pension arm zu sein, steigt. Gleichzeitig fehlen die Beitragszahlungen in der Pensionskasse.

Junge Frau mit lockigen dunklen Haaren, Brille und gemusterter Bluse lächelt freundlich vor weißem Hintergrund.

Miriam Frauenlob.

Belastende Berufe

Mit dem aktuell steigenden Pensionsantrittsalter für Frauen verschärft sich diese Problemlage. Besonders hart trifft das jene in belastenden Berufen wie Pflege, Handel oder Gastronomie. Dort schafft es aktuell nicht einmal die Hälfte der Frauen bis zum gesetzlichen Pensionsantrittsalter. Viele Frauen, die nun künftig länger arbeiten müssen, finden gar keine passende Beschäftigung. Die Arbeitslosenquote von 60-jährigen Frauen liegt derzeit bei rund 10 Prozent. Das ist höher als zu jedem anderen Zeitpunkt im Berufsleben.

Gleichzeitig stellt bereits heute jedes dritte Unternehmen niemanden zwischen 60 und 64 Jahren ein. In der gegenwärtig wirtschaftlich unsicheren Phase ist hier keine Verbesserung zu erwarten. Wer keinen Job findet, kann keine zusätzlichen Beitragsjahre sammeln. Die Erhöhung des Antrittsalters wird so für viele Frauen zum Boomerang.

Auch die Reformen, die mit Jahreswechsel in Kraft treten, verschlimmern die Situation. Die Einschränkung der Altersteilzeit trifft genau jene Jahrgänge, die nun deutlich länger arbeiten müssen als die Frauen nur wenige Jahre vor ihnen. Wer gesundheitlich nicht mehr Vollzeit arbeiten kann, steht ohne diese Möglichkeit vor erheblichen Problemen. Die neue Teilpension ist zwar eine Option für Menschen, die freiwillig länger arbeiten wollen, hilft aber genau jenem Viertel nicht, das gar nicht bis zum Antrittsalter durchkommt.

Reale Lücke

Statt eines absurden Wettbietens um immer höhere Antrittsalter braucht es endlich Maßnahmen, die die reale Lücke zwischen Arbeitsleben und gesetzlichem Pensionsantritt schließen. Dazu gehören ein wirksames Bonus-Malus-System, das Unternehmen verpflichtet, ältere Beschäftigte tatsächlich zu beschäftigen, altersgerechte Arbeitsplätze und gezielte Weiterbildungsangebote. Das geplante Älterenbeschäftigungspaket der Bundesregierung wäre der richtige Rahmen, um hier anzusetzen und das faktische Pensionsantrittsalter wirksam anzuheben.

Zur Autorin:
Miriam Frauenlob ist Ökonomin am gewerkschaftsnahen Momentum Institut.

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