KMU und der Digitalisierungstest

KMU in Österreich stehen vor einer doppelten Herausforderung: Digitalisierung ist spätestens mit dem EU AI Act von der Kür zur Pflicht geworden. Aber immer noch gelten nur 2,6 Prozent der heimischen KMU als stark digitalisiert.
Gleichzeitig sehen zwei Drittel der Unternehmen den Fachkräftemangel als das größte Risiko für ihr Wachstum. Aktuell kann die Hälfte der Betriebe offene Stellen nicht besetzen.
Beides zusammen kann sich anfühlen, als agiere man auf unbekanntem Terrain mit zusammengebundenen Händen. Immerhin geht es hier um rund 600.000 Unternehmen in ganz Österreich. Klar ist: Wer bei der E-Rechnung oder IT-Sicherheit noch mit den Schultern zuckt, hat den Startschuss verpasst.
Digitalisierung ist kein Trend, der vorbeigeht – sie ist eine strukturelle Veränderung, die neue Denkweisen und neue Arten der Zusammenarbeit sowie eine ehrliche Bestandsaufnahme verlangt. Tools einzukaufen, ohne vorher die Prozesse zu analysieren, endet eher in einem Flickwerk statt in Fortschritt.

Martin Puaschitz
Fehlender Überblick
Was KMU oft fehlt, ist der Überblick. Hier hilft oft externe Beratung, die rasch und unaufgeregt Ordnung schafft.
Dass KMU mit Künstlicher Intelligenz zusammentreffen, ist unausweichlich.
Die Frage ist nur: Wird es ein harter Aufprall, bei dem KMU ums Überleben kämpfen? Oder eine produktive Verschmelzung, aus der etwas Neues entsteht? Digitalisierung darf nicht als isoliertes IT-Thema, sondern als strategischen Hebel für den Unternehmenserfolg betrachtet werden. Sie ist Chefsache und braucht ein starkes Zusammenspiel interdisziplinärer Teams.
Interdisziplinarität ist dabei kein Schlagwort, sondern die pragmatische Antwort auf komplexe Transformation. Externe Expertinnen und Experten helfen, individuelle und praxistaugliche Lösungen zu finden.
Digitalisierung macht Unternehmen nämlich nicht nur widerstandsfähiger, sondern auch attraktiver: für neue Mitarbeiter, Kooperationen oder Märkte.
Vorgaben
Neue gesetzliche Vorgaben wie die E-Rechnung sollten nicht nur als Pflicht gesehen werden, sondern als Chance: Wer jetzt in strukturierte digitale Prozesse investiert, legt die Basis für mehr Effizienz, Transparenz und Skalierbarkeit.
Was bedeutet das konkret? Digitalisierung beginnt mit einem klaren Blick auf die eigenen Prozesse: Welche Arbeitsschritte lassen sich automatisieren? Wo entstehen durch Medienbrüche Fehler oder Verzögerungen? Welche Daten sind vorhanden – und wie können sie sinnvoll genutzt werden?
Der Digitalisierungstest, vor dem unsere Wirtschaft steht, ist kein Multiple-Choice-Test mit richtigen oder falschen Antworten. Er ist ein Entwicklungspfad, der strategisches Denken, Offenheit für Veränderung und interdisziplinäre Zusammenarbeit verlangt. Wer ihn besteht, sichert nicht einfach nur das Überleben seines Unternehmens – sondern gestaltet aktiv dessen Zukunft.
Zum Autor:
Der Autor Martin Puaschitz ist Obmann der Wiener Fachgruppe Unternehmensberatung, Buchhaltung und Informationstechnologie (UBIT Wien). Diese hat nach eigenen Angaben mehr als 27.000 Mitglieder, 68 Prozent davon in Einpersonenunternehmen.
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