Warum werden Künstler bestraft?

Warum werden Künstler bestraft?
Die unerbittliche Jagd auf alles, was russisch ist

Die beste und überall Häuser füllende Sopranistin Anna Netrebko wird von allen Veranstaltungen, die subventioniert werden, eliminiert. Der bis zur russischen Intervention in der Ukraine überall im Westen wirkende Dirigent Valery Gergiev wurde sofort weltweit entlassen.

Natürlich wirkten beide Künstler regelmäßig auch in ihrer Heimat und wurden dort auch von den politischen Leitungspersonen verehrt, gelobt und ausgezeichnet. Der Präsident der Russischen Föderation machte sich Sympathisanten durch seine Anwesenheit bei Veranstaltungen, in denen Netrebko oder Gergiev oder gar beide zusammen auftraten, und der russische Staat bezahlte auch seine Künstler – vielleicht nicht so hoch, wie sie im Westen bezahlt werden. Die westlichen Medien – angeführt von jenen in Amerika – bestanden auf einem Auftrittsverbot von ihnen, genauso wie von allen anderen Künstlern, Sportlern und sogar der Eliminierung von russischer Musik und Literatur aus der Vergangenheit bis heute. Man verlangt von allen eine klare und dezidierte Verurteilung des Landes, in dem sie und ihre Familie leben, dem Land, das den Krieg gegen die Ukraine begonnen hat.

Aus absolut verständlichen Gründen tut dies niemand, der im Land lebt, gelebt hat und in der Zukunft dort leben wird. Keiner befürwortet die russische Intervention in der Ukraine und keiner äußert sich dagegen. Nie und niemand hat je von einem Künstler oder Sportler in einem demokratischen Staat eine politische Meinung zwingend verlangt.

Jetzt versucht ein deutscher Journalist, Anerkennung zu erlangen, indem er für den griechischen, in Russland lebenden und weltweit wirkenden genialen Dirigenten Teodor Currentzis ein Auftrittsverbot zu erreichen versucht, weil dieser sich politisch nicht geäußert hat gegen das Land, in dem er als Ausländer studiert hat und sehr erfolgreich arbeitet. Den Krieg in der Ukraine wird dies alles nicht beeinflussen oder gar verkürzen. Im Gegenteil, solange die Staaten in der EU, angeführt und von den Vereinigten Staaten unter Druck gesetzt, weiterhin Waffen über die NATO der Ukraine geben, verlängert sich der Krieg. Die Sanktionen schaden uns nicht minder als jenen, gegen die sie gerichtet sind.

Die USA wünschen sich und machen dementsprechend Druck dafür, dass wir ihr viel teureres und durch umweltschädliche Art und Weise gewonnenes Gas abkaufen. Als die USA vor Jahren Nordvietnam überfallen hatten und die Menschen dort mit verbotenem Giftgas umbrachten, reagierte der europäische Westen genauso wenig, wie als sie den Afghanistan- und den Irakkrieg auslösten.

Nur eine rasche Einigung mit Putins Russland, ohne Druck und Verfolgung von beiden Seiten, kann dem Leiden in der Ukraine ein Ende setzen. Das sagt uns allein der normale Menschenverstand.

Ioan Holender war Direktor der Wiener Staatsoper.

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