Vollspaltenböden: Letzte Chance für Schweine

Es geht um alles für Österreichs Schweine: In den nächsten Wochen oder Monaten – je nachdem, wie schnell eine neue Regierung sich des Themas annimmt – entscheidet sich ihr künftiges Schicksal. Werden sie weiter in Ställen auf Vollspaltenböden eingepfercht leben müssen, mit allen furchtbaren Konsequenzen wie etwa Gelenks- und Lungenentzündungen sowie Verhaltensstörungen? Oder dürfen sie endlich auf Stroh stehen, wenn der Gesetzgeber dies als verpflichtend festlegt? Eine Entscheidung muss die Regierung jedenfalls bald treffen. Denn der Verfassungsgerichtshof hat ihr bis 1. Juni 2025 Zeit gegeben, um eine Übergangsfrist für den Ausstieg zu beschließen. Wenn sie dies nicht tut, bedeutet das für die Tiere eine Katastrophe.

Veronika Weissenböck
Wir erinnern uns: Im Jahr 2022 wurde ein „Verbot von Vollspaltenböden“ angekündigt, mit einer Übergangsfrist bis 2040. Der VfGH erklärte diese Frist richtigerweise als zu lang. Seither wird um Antworten auf zwei Fragen gerungen: Wann werden Vollspaltenböden wirklich verboten? Und wie sollen unsere Schweine stattdessen gehalten werden?
Das Problem bei dieser Debatte ist ihre Scheinheiligkeit. Denn die Öffentlichkeit stellt sich unter einem solchen Verbot logischerweise vor, dass Schweine eben nicht mehr auf Betonböden mit Spalten stehen dürfen. Die Vertreter:innen der Landwirtschaft definieren „Verbot“ allerdings völlig anders: Es reicht demnach, wenn in einem Drittel der Stallfläche weniger Spalten sind, die restlichen zwei Drittel dürfen unverändert bleiben. Ach ja, und künftig soll jedes Tier statt mindestens 0,7 m² mindestens 0,8 m² bekommen.
Als bahnbrechend kann man das nicht bezeichnen. Was uns da als „Ende der Vollspaltenböden“ verkauft werden soll, ist genau dieselbe Tierquälerei wie bisher. Einem Schwein ist es völlig egal, ob in einem Drittel des Stalles weniger Spalten im Beton sind. Es braucht vor allem Stroh und Platz.
Das Perfide an der Deadline des VfGH: Sollte sich die Regierung nicht entscheiden, gilt genau dieses Modell automatisch als Mindeststandard. Für Neu- und Umbauten ist es nämlich schon gültig. Ob das im Sinne des VfGH ist, darf zu Recht bezweifelt werden. Im Sinne der Schweine ist es auf jeden Fall nicht.
Selbst wenn die neue Frist noch so kurz ausfallen sollte: Solange Schweine nicht auf Stroh stehen dürfen, ist das irrelevant. Zwei Spalten im Boden mehr oder weniger machen das Kraut nicht fett. Und 0,1 m² mehr Platz zur Verfügung ist auch kein Grund zum Jubeln. Die Tiere brauchen mindestens doppelt so viel Platz.
Etwa 4,6 Mio. Schweine werden jährlich in Österreich geschlachtet, knapp 70 % davon sind auf Vollspaltenböden gestanden. Wollen wir ihnen ihr kurzes Leben weiter zur Hölle machen? Oder hat die neue Regierung den Mut, einen Meilenstein zu setzen und das Leben der Tiere wirklich zu verbessern? Viel Zeit bleibt nicht mehr.
Veronika Weissenböck ist Kampagnenleiterin von Vier Pfoten Österreich
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