Öko-Diktatur verhindern
Die mediale Aufregung über die verzweifelten Aktionen der „letzten Generation“ überdeckt leider die Dramatik der gegenwärtigen Situation in der Klimakrise. Auch wenn man mit den kunstgefährdenden Aktionen der meist jungen Menschen nicht einverstanden ist, weil man den Zusammenhang mit den geforderten und benötigten Maßnahmen zur Reduktion der Klimaerwärmung nicht herstellen kann, ist es wesentlich, sich zu vergegenwärtigen, wie kurz wir vor einer sogenannten Ökodiktatur stehen.
Und diese Ökodiktatur wird nicht dadurch entstehen, dass radikal grüne und ökologisch orientierte Regierungen Maßnahmen setzen, die unser Leben durch eine Vielzahl von Verboten in der Lebensqualität beeinträchtigen oder der Wirtschaft schaden, wie Leugner der Klimakrise gerne behaupten, sondern eine Ökodiktatur wird von der Umwelt selbst erzwungen, indem uns Wetterkatastrophen und andere ökologische Katastrophen wie zum Beispiel Nahrungsmittelausfälle aufgrund gekippter Artenvielfalt vor radikale Beeinträchtigungen unserer Lebensgrundlage stellen werden. Das sehr renommierte und in der Klimafolgeabschätzung führende Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung weist unaufhörlich darauf hin, dass schon eine durchschnittliche Erwärmung um ein Grad zu einer Reduktion des Wirtschaftswachstums um fünf Prozentpunkte führt. Die Bedrohung unseres bisherigen Lebens mit all seinen Annehmlichkeiten wird daher nicht durch die dringend benötigten Gesetze erzwungen, die z. B. den CO2-Ausstoß deutlich reduzieren sowie die Artenvielfalt schützen, sondern durch die Klimaerwärmung selbst.
Umso härter trifft einen in so einer Situation die Erkenntnis, dass im Rahmen der COP-27 nur ein schwacher Kompromiss zum Aufbau eines Fonds zur Unterstützung von armen Ländern im Falle von Klimakatastrophen, erreicht, die dringend erforderlichen Maßnahmen zur Emissionseindämmung jedoch nicht gestärkt wurden.
Vielleicht sollte man statt der Diskussion, warum Gruppen wie die „letzte Generation“ und ähnliche mit unterschiedlich geeigneten Mitteln versuchen, Aufmerksamkeit zu erreichen, lieber wiederholt und öffentlich die Frage diskutieren, wieso nicht zumindest alle derzeit bekannten und relativ einfach umsetzbaren Maßnahmen so rasch wie möglich realisiert werden.
Auch zur Erhaltung der Artenvielfalt, zur Verringerung der Bodenversiegelung, und zur Förderung einer Umstellung unseres Mobilitätsverhaltens liegen Konzepte und Maßnahmenkataloge vor. Wenn wir also eine Ökodiktatur verhindern wollen, wird dies nur durch die rasche Umsetzung aller bekannten Maßnahmen, sowie mittelfristig durch eine Energiewende, eine Mobilitätswende und Veränderung unserer Lebensführung gelingen.
Klaus Atzwanger ist Verhaltenswissenschafter und Unternehmensberater
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