Neue Arbeitswelten: Nicht weniger arbeiten, sondern besser

Neue Arbeitswelten: Nicht weniger arbeiten, sondern besser
Es wird völlig egal sein, ob wir 30, 35 oder 50 Stunden das Falsche arbeiten. Ein Gastkommentar von Katharina Schneider.

In den nächsten vier Jahren werden weltweit 83 Millionen Jobs aufgrund neuer Technologien – vor allem der künstlichen Intelligenz – verschwinden. In derselben Zeit werden 69 Millionen neue Jobs durch genau diese Technologien erschaffen werden.

Diese aktuellen Zahlen des World Economic Forum sagen nicht, dass es in vier Jahren 14 Millionen Jobs weniger geben wird. Wir reden von mehr als 150 Millionen Menschen, die in vier Jahren einen anderen Job haben. Und zwar nicht, weil sie den Arbeitgeber gewechselt haben oder die Branche. Sondern, weil sie ihr Tätigkeitsfeld gewechselt haben. Weil sie eine Arbeit tun, von der sie heute noch gar nicht wissen, dass es sie gibt. Manche werden auch ihren Job verloren haben – ohne Chance, sich auf einem Arbeitsmarkt zu behaupten, der radikal anders aussieht.

Wir befinden uns mitten in einem gigantischen Transformationsprozess, der sich in den kommenden Jahren weiter beschleunigen wird. Und es ist ihm völlig egal, ob wir ihn gut finden oder nicht. Diese Transformation ist keine Option, sie ist längst Tatsache. Die Frage, auf die wir eine Antwort finden müssen: Wie gestalten wir diesen Prozess bewusst, proaktiv, menschlich, verantwortungsvoll und intelligent? Was tun wir, um die Herausforderungen als Chance zu sehen, nicht als Bedrohung?

Ich bin mir ziemlich sicher, dass das Thema wöchentliche Arbeitszeit dramatisch an Bedeutung verlieren wird. Es geht an der eigentlichen Herausforderung vorbei und trägt nichts zu ihrer Bewältigung bei. Denn es stellt sich eine viel wichtigere Frage: Ob wir über die Skills verfügen, die nötig sind, um in einem globalen Wettbewerb mitzuhalten. Da geht’s um hochtechnologisches Know-how ebenso wie um soziale Kompetenz und Mindset-Themen. Da geht’s um Flexibilität. Da geht’s um Lust an Wissenschaft und Forschung. Da geht's um eine Verbindung von Wissenschaft und Wirtschaft.

Unternehmen, die sich diesen neuen Fragen nicht sehr bald und sehr konsequent stellen, haben eine gute Chance, gar nicht nach Antworten suchen zu müssen. Denn es wird sie in ein paar Jahren mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr geben.

Quantensprünge in der Medizin

Zum Beispiel die Medizin: Ich bin in einem Unternehmen investiert, das sich zur Aufgabe gemacht hat, die Zeitspanne zwischen wissenschaftlichen Erkenntnissen und medizinischer Praxis dramatisch zu verkürzen. Im Klartext heißt das: Wenn Sie heute zum Hausarzt gehen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Sie mit dem Wissen von vor zehn bis 20 Jahren behandelt werden. Dieses Unternehmen versucht, das zu ändern. Genetik und Epigenetik? Künstliche Intelligenz und Labortechnik? Prophylaxe, Lifestyle, Ernährung, komplementäre Medizin? Das alles sind längst keine Science-Fiction-Schlagworte mehr. Das ist alles Stand der Wissenschaft und längst bereit, um uns allen Tag für Tag zu mehr Lebensqualität zu verhelfen. Ein Gentest, eine Software, eine Handy-App reichen heute in vielen Fällen für einen Quantensprung in der Gesundheitsversorgung.

Die Debatte, wie wir sie führen, findet an der falschen Stelle statt. Es wird völlig egal sein, ob wir 30, 35 oder 50 Stunden pro Woche das Falsche arbeiten. „New Work“ hat nichts mit Obstkörben oder Vier-Tage-Wochen zu tun, sondern mit Flexibilität, mit Mut und vor allem mit Offenheit – und der Bereitschaft zum lebenslangen Lernen.

Katharina Schneider ist Investorin und Unternehmerin (Mediashop). Sie teilt ihr Know-how in der Puls4-Show „2 Minuten 2 Millionen“

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