Nehammers Nominierung für EIB als Sündenfall

Nehammers Nominierung für EIB als Sündenfall
Der Finanzminister hat formell kein Vorschlagsrecht. Ein Gastkommentar von Stefan Brocza.

Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) hat verkünden lassen, dass er den früheren Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) als Vizepräsidenten der Europäischen Investitionsbank (EIB) nominiert. Freihändig und ohne Ministerratsbeschluss. Eine vorherige öffentliche Kandidatensuche unterblieb. Warum ein ehemaliger Kommunikationstrainer des österreichischen Bundesheeres mit einem Schmalspur-Abschluss der Donauuniversität Krems (natürlich nicht im Bereich Wirtschaft und Finanzen) plötzlich Österreichs bester Kandidat für eine Führungsposition im zentralen Finanzierungsinstrument der EU sein soll, darüber wird wohlweislich gleich gar nicht diskutiert. Bleibt die Frage zu klären, auf welcher Rechtsgrundlage Marterbauer das alles eigentlich tut.

Nehammers Nominierung für EIB als Sündenfall

Stefan Brocza

Die EIB-Satzung sieht vor, dass die Mitglieder des Direktoriums auf Vorschlag des Verwaltungsrates vom Rat der Gouverneure bestellt werden. Das alleinige Vorschlagsrecht liegt also beim Verwaltungsrat. Dieser besteht aus 28 ordentlichen Mitgliedern (eines pro EU-Staat sowie ein EU-Kommissionsvertreter). Aktuell ist Karin Rysavy, langjährige Beamtin im Finanzministerium, Österreichs Vertreterin in diesem Gremium.

Marterbauer ist jedenfalls nicht Mitglied des Verwaltungsrates und somit auch nicht vorschlagsberechtigt. Satzungsgemäß käme er erst bei der Bestellung Nehammers ins Spiel. Er ist nämlich als Mitglied im Rat der Gouverneure (ein Minister pro EU-Staat) dazu berufen, auf Basis eines Vorschlags des Verwaltungsrates die Mitglieder des EIB-Direktoriums zu ernennen. Ein „Vorschlags- bzw. Nominierungsrecht“ für Gouverneure ist im EIB-Statut nicht vorgesehen.

In welcher Funktion bzw. unter welcher rechtlichen Annahme glaubt also Marterbauer, nominieren zu dürfen? Jedenfalls nicht als Gouverneur der EIB, denn dazu ist er nicht berechtigt. Vielleicht als Minister? Dann wäre der Brief allenfalls als informelles Schreiben an den Verwaltungsrat zu werten: inhaltlich interessant, rechtlich jedoch irrelevant. „Offiziell“, also die Position Österreichs wiedergebend, kann das Schriftstück auch nicht sein. Denn dann wäre zumindest ein Ministerratsbeschluss nötig gewesen. Das wäre dann ein Brief im Sinn von: „Österreich schlägt dem Verwaltungsrat der EIB vor, Herrn Karl Nehammer für das Direktorium zu nominieren.“ Das hätte zwar auch nur dieselbe Bindungswirkung wie der Brief eines x-beliebigen Personenkomitees, wäre aber zumindest rechtlich korrekt zustande gekommen.

Warum macht Marterbauer das also? Vielleicht ist es nur die subtile Art und Weise, wie in Österreich unabhängigen Mitgliedern des EIB-Verwaltungsrates mitgeteilt wird, was man von ihnen erwartet. Da trifft es sich vielleicht gut, dass das österreichische Verwaltungsratsmitglied in ihrem Hauptberuf weisungsgebundene Beamtin des Briefschreibers ist.

Stefan Brocza ist Experte für Europarecht und internationale Beziehungen.

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