Ist die Inflation gekommen, um zu bleiben?

Ist die Inflation gekommen, um zu bleiben?
Wer glaubt, dass wir niedrigere Inflation und stabilen Konsum ohne Rückschläge für alle haben können, der irrt. Ein Gastkommentar von Monika Köppl-Turyna.

Die Inflation wird vor allem mit den Energiepreisen in Verbindung gebracht. In Wirklichkeit stiegen die Preise in ganz Europa aber schon lange bevor Putin in die Ukraine einmarschiert ist. Nämlich mit dem Ende der Pandemie und der damit verbundenen Öffnung der Wirtschaft, der Sehnsucht nach Reisen und Restaurants sowie den enormen Geldmengen, die Unternehmen während der Lockdowns gestützt haben. Dieses Phänomen war in Österreich besonders ausgeprägt. Die Wirtschaft wuchs stärker als anderswo und der Konsum ging weniger stark zurück. Rückblickend betrachtet: Man hätte die Hilfen viel gezielter einsetzen müssen, um die fiskalische Nachhaltigkeit nicht zu gefährden. Etwa ein Verzicht auf die Stromkostenbremse, die auch Menschen mit höheren Einkommen – und hohem Stromverbrauch – subventioniert und damit möglicherweise die Nachfrage befeuert.

Aber auch so ist klar: Die Touristen aus dem Ausland werden – nicht zuletzt wegen der großzügigen Förderung in anderen Ländern – weiterhin zu uns kommen und die Preise in Restaurants und Hotels in die Höhe treiben. Ein besonderes Augenmerk muss deshalb auf die Menschen mit niedrigem Einkommen gelegt werden. In erster Linie auf jene Gruppen, die keiner Erwerbsarbeit nachgehen – Arbeitslose, Sozialhilfebezieher u.ä. Die Löhne wurden schließlich an die Inflation angepasst.

Die Bekämpfung der Armut ist eine zentrale sozialpolitische Frage. Wer aber glaubt, dass wir niedrigere Inflation und stabilen Konsum ohne Rückschläge für alle haben können, der irrt. Diese Corona-Nachwehen werden früher oder später verschwinden. Die große Frage ist jedoch die mittelfristige Perspektive, und zwar aus zwei Gründen. Erstens sorgt ein enger Arbeitsmarkt dafür, dass die Verhandlungsmacht der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wächst. Das bedeutet, dass höhere Lohnabschlüsse wahrscheinlicher sind als in der Vergangenheit – und damit verbunden höhere Lohnstückkosten, was die Wettbewerbsfähigkeit schwächt. Dieses demografisch bedingte Problem wird sich künftig noch verschärfen.

Wer die Inflation mittelfristig bekämpfen will, muss sich um den Arbeitsmarkt kümmern. Auch um Anreize, länger zu arbeiten. Eine Arbeitszeitverkürzung um 20 Prozent bei vollem Lohnausgleich zu fordern, ist ein Inflationstreiber schlechthin. Zweitens wird in Europa über eine Anpassung der Fiskalregeln verhandelt. Das ist notwendig, denn niemand glaubt mehr, dass sich einige Länder noch daran halten. Ein weiteres Aufweichen würde die Inflationsbekämpfung in Zukunft erschweren: Die Notenbanken werden noch zögerlicher mit Zinserhöhungen sein, wenn der Bankrott einiger großer Volkswirtschaften im Raum steht. Österreich muss sich im eigenen Interesse mit Nachdruck für strenge Fiskalregeln in der Eurozone einsetzen.

Monika Köppl-Turyna ist Direktorin des Wirtschaftsforschungsinstituts EcoAustria

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