Heldenplatz neu gedacht

„Was soll denn das?“, war meine erste Reaktion auf eine KURIER-Geschichte über den Heldenplatz: Die ganze Innenstadt ist doch ein fantastisches Habsburger Erbe, um das uns sicherlich andere Städte beneiden. Bestimmt ist das auch ein wesentlicher Grund, dass Wien von Expats immer wieder zu den lebenswertesten Städten der Welt gewählt wird: So viel historische Substanz, schöne Parks und mehr Sicherheit als anderswo.
Ich frage mich daher: Warum braucht der Heldenplatz eine neue, modernere Gestaltung? Unwillkürlich kam mir der Gedanke, dass jemand etwas im Schilde führt. Sind die Gerüchte etwa doch wahr, dass es Bestrebungen gibt, die zwei hässlichen Parlamentsausweichstellen, die der Öffentlichkeit ja ursprünglich als temporär „verkauft“ wurden, für immer am Heldenplatz zu integrieren? Wien liebt ja Provisorien!
Doch das wäre in meinen Augen eine respektlose Schande. Wie glücklich bin ich, dass mich das Schicksal wieder nach Österreich, speziell Wien, zurückgebracht hat. Nicht nur, dass die Stadt funktioniert, was ist schöner, als durch die geschichtsträchtige Innenstadt zu bummeln und sich an den vielen architektonisch sehenswerten Gebäuden und an den vielen Grünflächen zu erfreuen?
Nachdem ich mir die Zeit nehme, mit offenen Augen durch die Straßen zu gehen, nehme ich natürlich auch Schandflecken wahr, wie zum Beispiel die taubenverschmutzte Albertina-Ecke, die trotz verschiedener Bürger-Bemühungen bei der zuständigen Burghauptmannschaft bis jetzt kein Resultat brachte. Meine Aufmerksamkeit wurde natürlich auch immer wieder zu verschiedenen Statuen gelenkt, wie etwa das Lueger Denkmal, die man heutzutage nicht mehr passend und anstößig findet.
Aber ist Abreißen wirklich die Lösung? Wäre es nicht besser, man ließe sie als Mahnmal stehen und versehe sie lediglich mit einer Tafel zur Aufklärung?
Wien ist vorbildlich, was das Vorausdenken für die Stadt betrifft. In New York zum Beispiel fängt erst jetzt die Debatte zur Eindämmung des Verkehrs und für mehr Radwege an. Was haben wir für einen gigantischen Vorsprung!
Die richtige Balance zu finden zwischen der Erhaltung des bewährten Alten und den Ideen für die Zukunft, ist wahrscheinlich die größte Herausforderung für unsere Politiker. Ich denke aber, dass weder die Wiener noch die vielen Touristen eine Stadt „amerikanischen“ Zuschnitts mit gesichtslosen Neubauten hier haben wollen. Gehen wir behutsam mit dem „Weltkulturerbe“ um und verschandeln und zerstören wir die Stadt nicht mit Containern, Plakatflächen, sinnlosen Schildern und scheußlichen Imbissbuden.
Und verstehen Sie mich bitte richtig: Diese Zeilen sind eine Liebeserklärung an Wien – an die Stadt, in der ich nach vielen Jahren in den USA mit großer Freude lebe.
Helene von Damm war von 1983 bis 1986 US-Botschafterin in Wien.
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