Wo das Glück zu Hause ist: Zauberworte Teilen und Kümmern

Finnland wurde bereits zum achten Mal in Folge zum glücklichsten Land der Welt gekürt
Im Norden nichts Neues: Wieder sind Finnland, Dänemark, Island und Schweden die glücklichsten Länder der Welt. Der World Happiness Report ist der größte Index für das globale Glück. Die Top 5 kommen aus Europa. Österreich hat sich um drei Plätze verschlechtert (Platz 17). Die zentrale Botschaft: Menschen sind glücklicher, wenn sie sich um andere kümmern und teilen. Es geht um die drei C: fürsorgliche Beziehungen (caring connections), Wahlmöglichkeiten (choice) und klare positive Auswirkungen (clear positive impact).
„Sharing and Caring“ ist der Titel des Reports: Teilen und Kümmern. Die Forscher:innen machen das vor allem am Experiment der verlorenen Brieftaschen fest. Viele Menschen unterschätzen, wie viele verlorene Brieftaschen abgegeben werden (doppelt so viele wie die meisten denken). Wer seinen Mitmenschen vertraut, vertraut auch eher der Gesellschaft als Ganzes und der Regierung. Gemeinschaft zählt.

Daniel Dettling
Wer mit anderen zusammen wohnt und isst, ist zufriedener. Menschen, die häufig mit anderen zusammen essen, sind viel glücklicher. Die steigende Zahl an Menschen, die allein essen, ist ein Grund für sinkendes Wohlbefinden in den USA. Auch Familie und soziale Bindungen zählen. Das Glück steigt mit der Haushaltsgröße (bis zu vier Personen). Alleinlebende sind deutlich weniger glücklich.
Eine weitere gute Nachricht: Die globale Verzweiflung nimmt ab. Verzweiflung ist das Gegenteil von Glück und kann zu Suizid oder Drogenmissbrauch führen. In den meisten Ländern geht die Zahl der Todesfälle dieser Art zurück; sie ist dort geringer, wo mehr Menschen spenden, sich ehrenamtlich engagieren oder Fremden helfen. Wer das Gefühl hat, etwas ausrichten zu können, erlebt unmittelbar Selbstwirksamkeit. Vor allem für Jugendliche und junge Erwachsene sind Selbstwirksamkeit und soziale Kontakte als Puffer gegen die toxischen Auswirkungen von Stress von entscheidender Bedeutung. Soziale Bindungslosigkeit ist weit verbreitet und hat zuletzt zugenommen. Fast jeder Fünfte unter jungen Erwachsenen gibt an, niemanden zu haben, auf den er sich verlassen kann. Das hat erhebliche Folgen für die Gesundheitssysteme. Fehltage aufgrund von psychischen Erkrankungen wie Depression sind weltweit auf dem Vormarsch und haben sich allein in Europa in den letzten zehn Jahren verdoppelt.
Der Rückgang von Glück und sozialem Vertrauen hat politische Folgen und führt zu stärkerer Polarisierung gegen „das System“. Menschen, die unzufrieden sind und Parteien und Institutionen misstrauen, wählen eher rechts.
Lebensglück ist auch eine kollektive Aufgabe. Wir können entscheiden: Schaffen wir eine Welt, in der Kooperation und Mitgefühl über Konkurrenz und Misstrauen siegen? Jeder kann dazu einen Beitrag leisten. Die Zukunft des (eigenen) Glücks liegt in unserer Hand.
Daniel Dettling ist Zukunftsforscher und leitet das Institut für Zukunftspolitik.
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