Für die Säkularisierung der Debatte

Für die Säkularisierung der Debatte
Zum Dialogforum des BMfJ über Sterbehilfe

Die Einladungsliste war eine „demokratiepolitische Katastrophe“ (© Heinz Mayer). Zwei idealistische Befürworter des assistierten Suizids saßen einer Phalanx von Religionsvertretern gegenüber, die Großteils noch vor wenigen Wochen für die verfassungsmäßige Einbetonierung des Verbots der Sterbehilfe waren und nun eine Ermöglichung derselben diskutieren sollten. Eine schwarze Wolke von Ängsten, die „Büchse der Pandora“, eine klassische Kirchenwaffe, schwebte über dem Dialogforum.

In der Säkularisierung Europas gab es davon bereits genug: die Abschaffung der Sklaverei, Gleichberechtigung der Menschen, Scheidung von Verheirateten, Frauenwahlrecht und Selbstbestimmung von Frauen über ihren eigenen Körper, etc..

Alle diese Schritte haben nicht nur den Menschen ein Stück Freiheit geschenkt, sondern unendliches Leid vermieden. Wenn der ethische Grundsatz Nr. 1 lautet, „Leid zu vermeiden und Glück zu schenken“, wie Humanisten glauben, dann ist die Büchse der Pandora ein Gefängnis, aus dem es auszubrechen gilt. Die Regierung übte sich in einem typisch paternalistischen Ton, gegen den wir uns wehren, denn wenn es um den eigenen Tod geht, dann beurteilt einzig und allein der Betroffene den Wert seines Lebens.

„Das Geschäft der Kirche ist der Tod“, meinte Georg Kreisler sarkastisch. Klar, dass die Kirche und der schwarze Teil der ÖVP sich nur ungern solche Bastionen aus der Hand nehmen lassen. Das Dialogforum hat leider die Chance verpasst, die neue Möglichkeit als Schritt zu einem selbstbestimmten Leben, zu dem der selbstbestimmte Tod unauflöslich gehört, zu feiern. Stattdessen gab es ein Feuerwerk von Bedenken und Befürchtungen.

Wir haben uns für die Berechtigung eines kontrollierten und transparenten Prozesses ausgesprochen. Nur dürfen die Einschränkungen und bürokratischen Hürden für einen Sterbewilligen nicht so hoch sein, dass der Geist des VfGH Urteils zunichtegemacht wird. Die Aufgabe der Gesellschaft ist es nur, die Authentizität des „freien Sterbewillens“ festzustellen. Alle waren sich einig, dass niemand – auch kein Arzt – gezwungen werden darf, an der Assistenz mitzuwirken.

Den Erfolg des Gesetzes werden wir logischerweise auch nicht an der sinkenden Zahl der Suizide ablesen können. Es ist klar, dass eine zusätzliche Möglichkeit auch genützt werden wird, und damit Leiden verhindert werden wird. Das ist das Ziel und das kann man nur durch Befragung der Beteiligten und Angehörigen feststellen. War das tatsächliche Geschehen human und im Sinne der Verstorbenen? Allerdings, mehr als die Hälfte der Menschen sind heute säkular eingestellt und rund 80 Prozent sind für „Sterbehilfe“.

Das VfGH – Urteil hat den liberalen Weg schon vorgegeben, diesen mit Regelgestrüpp zu verbauen, ist inhuman und der VfGH wird das auch nicht zulassen.

Gerhard Engelmayer ist Sprecher des Humanistischen Verbandes Österreich

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