Eine Reform des Gesundheitssystems muss sein – mit verlässlichen Partnern

Ingrid Korosec
Die Leidtragenden eines Rückzugs der Ärztekammer wären die Patienten. Ein Gastkommentar von Ingrid Korosec.

Österreich verfügt – trotz aller Beschwerden – prinzipiell über ein gutes Gesundheitssystem - vor allem auch im Vergleich zu anderen Ländern. Das ändert aber nichts daran, dass sich zunehmend Probleme abzeichnen: Wartezeiten, volle Ambulanzen oder Mangel an niedergelassenen FachärztInnen. Unter diesen Problemen leiden insbesondere die Seniorinnen und Senioren, aber generell alle Patientinnen und Patienten. Ihre Bedürfnisse müssen im Gesundheitswesen im Mittelpunkt stehen.

Die Strukturen, die hinter unserem Gesundheitssystem stehen, sind enorm kompliziert, sodass sogar Fachleute kaum den Überblick bewahren können. Wer was finanziert, ist kaum noch durchschaubar. Berufsvertretungen treten für die Interessen ihrer Mitglieder ein. Das ist legitim, darf jedoch nicht dringend nötige Veränderungen verhindern. Notwendige Reformen anzugehen ist genau die Aufgabe der Politik. Die Regierung muss den Ausgleich zwischen den Stakeholdern schaffen und dabei immer die Gesundheit der PatientInnen als Ziel haben. In diesem Diskurs hat die Ärztekammer immer eine prominente Rolle. Dass dabei nicht immer das große Ganze im Blick war, ist eine durchaus berechtigte Kritik.

Die internen Machtspielchen der Ärztekammer lähmen die Reformideen. Bei den massiven Herausforderungen braucht es verlässliche Partner, was hier nicht der Fall ist.

Die Regierung hat die Aufgabe, auf solche Situationen zu reagieren. Nach der Abschaffung der Vetomöglichkeit der Kammer bei den dringend benötigten Primärversorgungseinheiten sind Erleichterungen bei Ambulatorien und Gruppenpraxen geplant.

Währenddessen droht die Kammer jetzt aus den Gesamtverträgen mit der Gesundheitskasse auszusteigen. Leidtragende wären die Patientinnen und Patienten. Sie müssten ihre Behandlungen dann dem Arzt bezahlen und die Rechnung bei der ÖGK einreichen. Auch die Drohung, Millionen in eine „Gegenkampagne“ zu stecken, gibt zu denken. Damit wird riskiert, aufgrund eines internen Konflikts die Menschen zutiefst zu verunsichern. Und damit schließt sich der Kreis. Alle politischen Stakeholder müssen im Gesundheitswesen die PatientInnen in den Mittelpunkt stellen und nicht Einzelinteressen. Es ist die Aufgabe der Politik, Lösungen zu finden, die die medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherstellen. Wenn die Interessen der Berufsverbände berücksichtigt werden können, gut, wenn nicht, muss es im Sinne der Patientinnen und Patienten trotzdem so sein.

Die Misere um Kassenverträge, Gruppenpraxen und Primärversorgungszentren, die ich für die flächendeckende medizinische Versorgung für essenziell halte, zieht sich seit Jahren. Moderne und nachhaltige Strukturreformen sind der Garant, dass in Zukunft ein Mehr an Gesundheit für die Österreicherinnen und Österreicher entsteht. Diesem Ziel schließe ich mich an und dies gilt es gemeinsam mit allen konstruktiven Kräften mutig anzugehen, um die Blockadepolitik zu beenden.

Ingrid Korosec ist Präsidentin des Österreichischen Seniorenbundes (ÖVP)

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