Bildungskarenz weg – was jetzt?

Bildungskarenz weg – was jetzt?
Ein neuer Name macht noch keine Reform. Ein Gastkommentar von Carmen Treml.

Die Regierung hat vergangene Woche einen neuen Vorschlag für die Bildungskarenz präsentiert. Die wohl größte Änderung: der Name. Ab 2026 soll die sogenannte Weiterbildungszeit als „echtes Qualifizierungsmodell“ die Auszeit für Besserverdiener ersetzen. Geändert wurde aber nur die Verpackung. Zu viele Elemente werden eins zu eins aus der alten Bildungskarenz übernommen. Tatsächlicher Reformwille: Fehlanzeige.

Zugegeben, es ist ein wesentlicher, wenn auch überfälliger Schritt, dass Mütter künftig nicht mehr direkt von der Elternkarenz in die Bildungskarenz, pardon, Weiterbildungszeit, wechseln können. Zuletzt hat sich ein regelrechter Markt für Anbieter zum „Baby-Pause-Verlängern“ etabliert. Weit über die Hälfte der Bezieher waren Frauen nach der Karenz.

Bildungskarenz weg – was jetzt?

Carmen Treml

Dass man sich künftig auf die Grundidee zurückbesinnen und tatsächlich niedrig Qualifizierte ansprechen will, ist begrüßenswert. Erreicht werden soll das aber nicht durch inhaltliche, sondern vorwiegend finanzielle Anreize. Die Anhebung des Weiterbildungsgeldes auf 32 € täglich ist beschlossen. In der Vergangenheit orientierte es sich am einkommensabhängigen Arbeitslosengeld. Die Entschädigung fiel daher für Geringverdiener spärlicher aus.

Über die zukünftigen Kurse hat die türkis-rot-pinke Regierung noch wenig Konkretes auf den Tisch gelegt. Nur eines ist klar: ein verpflichtendes Vorab-Beratungsgespräch mit dem AMS soll klären, ob die Fortbildung tatsächlich einen Karrierepush bedeutet. Da die Berater aber kaum effizient die Karrieremöglichkeiten beurteilen können, wird sich die Beratung wohl als Bürokratiemonster entpuppen.

Ob die Verwaltungskosten in den geplanten Ausgaben bereits budgetiert sind? Wohl kaum. Maximal 150 Mio. Euro will die Regierung jährlich ausgeben. Zum Vergleich: 2023 lagen die Kosten bei über einer halben Milliarde; 2024 werden sie auf über 630 Mio. ansteigen. Wie man ohne klare Einschränkungen die Kosten vierteln will, bleibt ein Rätsel. Was passiert mit Anträgen, sollte der Betrag bereits ausgeschöpft sein? Gilt dann: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst?

Zu glauben, dass die Anhebung der nachzuweisenden ECTS, mehr Präsenzverpflichtung in den Kursen und die Anforderung einer aktiven Erwerbstätigkeit vor Antritt ausreichen werden, um die Zahl der Anträge stark zu dezimieren, ist naiv. Will man ein neues Modell, braucht es klare Regelungen: vom einheitlichen Antragsformular über eine laufende Dokumentation bis hin zur Evaluierung des Karriereverlaufs nach der Weiterbildung.

Ein neuer Name lässt alte strukturelle Probleme nicht verschwinden. Und wollte man eine tatsächliche Reform, müsste man weiterdenken: Weiterbildung könnte auch Aufgabe der Unternehmen und Beschäftigten sein, statt weiter die Allgemeinheit zahlen zu lassen. Doch so viel Mut kann man der Regierung wohl nicht zutrauen.

Carmen Treml ist Ökonomin beim wirtschaftsliberalen Thinktank Agenda Austria

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