Baustelle Finanzbildung

Es versteht sich von selbst: Finanzbildung ist eine der wichtigsten Kompetenzen für ein Leben in finanzieller Sicherheit. Dafür sind junge Menschen in Österreich offenbar gut aufgestellt. Kürzlich wurden die Ergebnisse zu „Financial Literacy“ der PISA-Studie veröffentlicht. Die heimischen Schülerinnen und Schüler landeten auf Platz sechs von 20. Für viele waren diese Ergebnisse unerwartet.
Laut einer Umfrage des öbv unter 284 Lehrkräften im März 2024 schätzten mehr als 60 % die Finanz- und Wirtschaftskompetenz ihrer Schüler als unterdurchschnittlich ein. Sind wir also möglicherweise zu pessimistisch und die jungen Menschen in Österreich sind besser auf ihre finanzielle Zukunft vorbereitet, als wir denken? Leider nein.
Denn während gewisse Jugendliche gute Ergebnisse in der Finanzbildung abliefern, liegen andere weit abgeschlagen zurück. Und wie so oft hat der Unterschied mit Bildungsgerechtigkeit zu tun. Inzwischen dürfte bekannt sein, dass in Österreich Bildung stark vererbt wird. Sozioökonomisch benachteiligte Schüler schneiden auch bei der Finanzbildung deutlich schlechter ab als solche mit wohlhabenden, hochgebildeten Eltern.

Philipp Nussböck
Große Unterschiede
An der Negativspitze liegt Österreich bei Jugendlichen, die zu Hause nicht eine der Landessprachen sprechen. Der Unterschied zwischen ihnen und Gleichaltrigen ist höher als in allen anderen untersuchten Ländern. Auch bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund schneidet Österreich auffallend schlecht ab: Der Unterschied zwischen ihnen und anderen Jugendlichen ist hierzulande fast doppelt so hoch wie im PISA-Durchschnitt. Was können wir dagegen tun?
Natürlich können Lehrkräfte sich noch mehr bemühen, auf ihnen lastet aber ohnehin schon großer Druck. Vielleicht kann sich die Schule also helfen lassen: Zahlreiche Initiativen bieten Wirtschafts- und Finanzbildung mit Fokus auf benachteiligte Jugendliche an – für verschiedene Altersgruppen, innerhalb sowie außerhalb der Schule. Wir müssen in die Bildungsgerechtigkeit investieren – auch im Bereich der Finanzbildung. Wirksame Maßnahmen für Bildungsgerechtigkeit müssen wir uns leisten können! Was wir uns dagegen nicht leisten können: dass ein wesentlicher Teil der Schüler in Österreich bei der (Finanz-)Bildung hinterherhinkt und schlechter ausgerüstet ins Erwachsenenleben startet. Das ist gerade jetzt im Sommer ein Thema. Denn in den Ferien vergrößert sich der Unterschied zwischen privilegierten und benachteiligten Kindern, während von September bis Juni die Kompetenzen der jungen Menschen gleichmäßig ansteigen. Trotzdem: Wir sollten den 6. Platz feiern. Wenn wir es jetzt auch noch schaffen, diese Kenntnisse zu allen jungen Menschen zu bringen, dann verdienen wir vielleicht sogar einmal einen Stockerlplatz.
Philipp Nussböck ist Geschäftsführer des Österreichischen Bundesverlags (öbv)
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