FPÖ in Führung: So wie damals vor 2.000 Tagen

Ein Mann mit Brille gestikuliert während einer Rede, im Hintergrund ein weiterer Mann mit Krawatte.
Die FPÖ führt wieder in den Umfragen. Die Lage ist ähnlich wie 2017, damals gab es Neuwahlen. Warum eigentlich jetzt nicht?
Richard Grasl

Richard Grasl

Die FPÖ führt erstmals seit Mai 2017 eine Umfrage für die Nationalratswahl an. Das Flüchtlingsthema spielt ihr in die Karten. 2.000 Tage ist es her, als Sebastian Kurz die ÖVP übernommen hat. Am Tag davor war – auch in ungetürkten Umfragen – das Lagebild ähnlich wie heute: Die FPÖ vor der SPÖ und der ÖVP, die abgeschlagen um die 20 Prozent dahingrundelte.

Der sich selbst „Django“ nennende Parteichef Mitterlehner warf seinen Colt in den Staub, Kurz versenkte mit einem smarten, aber prononcierten Rechts-Kurs die FPÖ wieder auf Platz drei.

Für den oberösterreichischen Landeshauptmann Stelzer war er damals wörtlich ein „Star“, der hyperventilierende linke Standard forderte die SPÖ sogar auf, endlich die Option einer Koalition mit der FPÖ zu öffnen.

Die Situation heute ist ähnlich.

Die Flüchtlingswelle von 2015 hatte die Strache-FPÖ sogar bis über 30 Prozent gespült und fast zu einem Bundespräsidenten Hofer geführt. Die ÖVP suchte als Juniorpartner in der Regierung nach Tritt und Themen, war intern zerstritten und konnte die Kern-SPÖ nicht mehr ausstehen. Auch heute wirkt es fallweise, als wären die Schwarzen der kleinere Teil der Regierung.

Kein Typ Kurz zur Hand

Die Grünen diktieren die politische Tagesordnung via Justiz- und Klimaressort, lassen keinen Tag vergehen, ohne auf vermeintliche Korruptionsfälle des Regierungspartners hinzuweisen. Was passt, ist so wie damals die persönliche Beziehung der beiden Parteichefs, viel mehr aber nicht. Schwarze Landeshauptleute lassen den eigenen Innenminister auflaufen, diesmal heißt er Karner und nicht mehr Mikl-Leitner.

Doch die ÖVP hat heute keinen Typ Kurz in der Hinterhand, der den Mut hätte, auch mit schlechten Umfragewerten Neuwahlen auszurufen. Dabei wäre die Botschaft kommunizierbar, dass das Bild vom „Besten aus beiden Welten“ mit den Grünen einfach falsch ist. In der Koalition mit den Grünen wird die ÖVP weiter gedemütigt, ohne ihre Themen forcieren zu können. Sie braucht einen Befreiungsschlag.

Schwächen der anderen

Und die SPÖ? Auch hier drängt sich ein Vergleich mit 2017 auf. Eine Antwort auf die Migrationsfrage hatte sie auch damals nicht, Parteichef Kern zauderte. Man hoffte auf einen Wahlsieg vor allem durch die Schwächen der anderen, die Grünen waren ja von Peter Pilz gerade in die Luft gesprengt worden. Der Standard hyperventiliert auch heute weiter bei allem, was von der ÖVP kommt.

Neuwahlen werden in Österreich zumeist mit dem Argument, dass das Land dann ein halbes Jahr stillstehen würde, abgelehnt. Das müsste nicht sein. In Dänemark ist die Regierung am 2. Oktober abgetreten, die Neuwahlen fanden schon am 1. November statt. Warum dauert das bei uns so lange?

Besser geworden ist die politische Landschaft in Dänemark zwar nicht, auch in Österreich könnte die Lage nach Neuwahlen verwirrender sein, eine Koalitionsbildung schwierig werden. Aber ausschließen sollte man den Schritt nicht mehr. So wie es jetzt läuft, kann keine Partei mehr mit ihrer Situation zufrieden sein. Außer die FPÖ.

Porträt eines Mannes vor dem Logo der Zeitung „Kurier“.

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