Erbärmlicher Abgesang der SPÖ

Pamela Rendi-Wagner beim SPÖ-Parteitag in Wels
Als hätte es eines Beweises bedurft: Die aktuelle SPÖ-Spitze um Pamela Rendi-Wagner kann es nicht. Das Fernbleiben von der Selenskij-Rede ist einfach nur peinlich.
Richard Grasl

Richard Grasl

Es war einmal eine staatstragende Partei mit einer starken Außenpolitik. Unter Bruno Kreisky und später auch Franz Vranitzky war die SPÖ wer, Kreisky als Vermittler im Nahen Osten, Vranitzky, der Österreich gemeinsam mit der ÖVP und Brigitte Ederer in die EU führte. Heute streitet die SPÖ über die Frage, ob man 30 Stimmen für die Zulassung zur Urabstimmung über ihren Parteichef braucht.

Die heute kurzfristig erkrankte Pamela Rendi-Wagner klammert sich gemeinsam mit ihrem Parteisekretär Christian Deutsch an das Amt. Immer wieder muss Bruno Kreisky als Vorbild herhalten. Er würde sich angesichts der Peinlichkeit, die sich heute im Parlament abgespielt hat, im Grab umdrehen.

Dass insgesamt 18 von 40 SPÖ-Mandataren der Rede des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij fernblieben, zeigt, dass Rendi-Wagner ihre Partei und ihren Klub nicht mehr unter Kontrolle hat. Rendi-Wagner, Klubobfrau und außenpolitische Sprecherin, fehlte sogar selbst. Sie ist erkrankt. Das kann natürlich passieren, Gesundheit geht auch bei Parteichefs vor. Dass aber 17 weitere Parlamentarier fehlen und dazu im Vorfeld kein Grund kommuniziert wird, klingt wie ein Putsch gegen die Chefin. Wobei: Die Linie der SPÖ zum Selenskij-Auftritt gleicht schon seit einem Jahr einem Gartenschlauch: Zuerst war man dagegen, dann nach öffentlichem Druck dafür und schob die heiße Kartoffel an Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka weiter.

Es kann ja gut sein, dass die nicht anwesenden SPÖ-Mandatare mit ihrem Fernbleiben gegen den Auftritt Selenskijs an sich protestieren wollten. Dann muss man das aber erklären, etwa durch eine Information an die Presse und den live übertragenden ORF. Der für die SPÖ redende Jörg Leichtfried fand ebenfalls kein Wort darüber. (Update: Er sprach der Ukraine aber zumindest die volle Unterstützung zu). Die FPÖ hatte ihren Protest zumindest angekündigt und war daher ehrlicher.

Oder aber - und das ist wahrscheinlicher: Es war ein stiller Protest von fast der Hälfte des SPÖ-Klubs gegen ihre eigene Chefin. Dann müsste sie aber sofort zurücktreten. Sie würde ihrer Partei damit einen Gefallen tun.

 

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