Das ist nicht nur irgendein Gefühl, zu diesem Thema hat es bereits vor Wochen fundierte Warnungen des Nachrichtendienstes DSN gegeben. Da war von einem „Wut-Herbst“ die Rede, den in erster Linie rechte Gruppierungen nutzen wollen, um aus dem Gemisch von Themen wie Teuerung, Energiepreise, Ukrainekrieg, Russlandsanktionen und auch noch Corona einen Protest gegen den Staat, gegen die Regierung zu mixen. Diese Gruppen scheuen auch nicht davor zurück, Demos wie jene des ÖGB zu kapern und als Plattform für ihre Umtriebe zu nutzen. Auf dem Kanal Telegram haben Martin Sellner, Chef der rechtsextremen Identitären, und dessen zweifelhafte Kollegen bereits unter dem Titel „Patriotische Beteiligung an der ÖGB-Demo“ dazu aufgerufen. Und die Polizei geht laut einem internen Papier davon aus, dass diese vor allem in Wien stark aufschlagen werden.
Jetzt hat der ÖGB damit natürlich überhaupt nichts zu tun. Ganz im Gegenteil. Dessen Verantwortliche haben im Vorfeld deutlich erklärt, dass Rechtsextreme und Identitäre auf dieser Samstag-Demonstration nichts verloren haben. Doch wie wollen sie verhindern, dass sie nicht doch unterwandert werden und plötzlich Fahnen und Transparente mit Parolen auftauchen, die kein Gewerkschafter auf so einer Kundgebung sehen will? Auf der anderen Seite organisieren sich auch bereits ganz linke Gruppen, die das Motto „Eat The Rich“ bei der Demo platzieren wollen.
Der ÖGB hat wissen müssen, dass sein Aufruf, auf die Straße zu gehen, zum jetzigen Zeitpunkt wegen all dieser Rahmenbedingungen zu einem Tanz auf dem Vulkan werden kann. Die Stimmung in der Bevölkerung bewegt sich zwischen Verunsicherung und Protest – und kann leicht kippen, wenn falsche Botschaften ausgesendet werden.
Die Regierung schüttet sehr viel Geld aus – für manche Wirtschaftsforscher bereits zu viel –, um die Teuerungen abzufangen, wird aber am Samstag dennoch im Fokus der Kritik stehen. Auf dem ÖGB lastet diesmal bei der Demo jedenfalls sehr viel Verantwortung, weil trotz des Protests verhindert werden muss, dass die Gesellschaft noch mehr gespaltet wird. Das würde nur manchen staatsfeindlichen Gruppierungen noch mehr in die Hände spielen.
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