Die Weniger-Gesellschaft

Das menschliche Zeitgefühl funktioniert paradox: Man verrinnt die Zeit schneller, mal langsamer.
Arbeiten ist in manchen Kreisen unschick geworden, dabei rühmen wir uns aktuell nicht mit Übereifer.
Sandra Baierl

Sandra Baierl

Arbeitsmarkt-Phänomene gibt es zuhauf, auffallend viele haben mit Reduktion zu tun. Die optimale Woche geht so: „Bare Minimum Monday“ (montags relaxt und sanft in die Woche starten), drei Tage Job mit viel Homeoffice, freitags frei, weil ja nur 4-Tage-Woche.

Arbeiten ist in manchen Kreisen unschick geworden – dabei hat uns die (viele) Arbeit früherer Generationen dorthin gebracht, wo wir heute stehen: gut funktionierende Wirtschaft, gut funktionierender Sozialstaat, Wohlstand. Und jene, die jetzt nur mit dem Minimum an Einsatz antreten wollen, tun das oft aus einer komfortablen Lage heraus – weil Eltern viel geben und das soziale Netz aushilft.

Was aber, wenn wirklich alle reduzieren? Wie sieht es dann mit den Wartezeiten für Operationen, Gerichtsverhandlungen und Installateursterminen aus? Kann man mit halbem Einsatz forschen und große Ideen umsetzen? Firmen aufbauen und erfolgreich sein? Ich kenne übrigens keine Unternehmerin und keinen Top-Manager, der vom Homeoffice aus sein Imperium geschaffen hätte. Nur solche, die morgens um 5 Uhr starten und mit sehr viel Einsatz und Freude dabei sind, ohne je auf die Uhr zu schauen.

Der letztwöchige Spiegel titelt mit „Wir machen uns nicht mehr kaputt“ – er beschreibt die neue Einstellung zur Arbeit. Dabei sind wir vom Kaputtmachen heute so weit entfernt wie nie.

Die Weniger-Gesellschaft

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