Die unsägliche Hetze des Herbert Kickl

Die unsägliche Hetze des Herbert Kickl
Die herrschende Lehre, die FPÖ nicht ausgrenzen zu dürfen, sollte auf ihre Tauglichkeit überprüft werden.
Christoph Schwarz

Christoph Schwarz

Nichts, hallt es immerzu aus dem rechts-reaktionären Eck, könne man heutzutage mehr sagen. Die Wokeness, das Gendern, die Political Correctness, Sie wissen schon. Das Wehklagen ist freilich unbegründet. Man kann hierzulande immer noch alles sagen. Geändert hat sich nur, dass einem nicht mehr jeder immer unwidersprochen zuhören will.

Den Beweis, dass man alles sagen kann, hat FPÖ-Chef Herbert Kickl erst vor wenigen Stunden erbracht. In der Jahnturnhalle im oberösterreichischen Ried im Innkreis durfte der begnadete Redenschreiber beim blauen Aschermittwoch erstmals aufs Podium.

Die Veranstaltung ist seit ihrer Premiere 1992 ein Hochamt der Inkorrektheit, die Provokation ist hier Selbstzweck. Das Publikum will Sager, Derbheiten, Grenzverschiebungen – im Austausch dafür gibt es Lacher, Applaus, Gejohle. Und Stimmen. Jörg Haider, der sich das Konzept von der bayrischen CSU abgeschaut hat, war ein Meister seines Faches.

Herbert Kickl hat das Konzept pervertiert. Für die feine Klinge ist kein Platz, nicht einmal für den Holzhammer. Der kontrollierte politische Tabubruch mit Augenzwinkern ist einer bemerkenswerten Mischung aus Menschenverachtung, Verschwörungstheorie und offenem Rassismus gewichen.

Kickl, der als FPÖ-Klubchef selbst Teil jenes Establishments ist, das er mit Hass und Häme überschüttet, beschimpft da also den Bundespräsidenten als „senile Mumie“ und „Staatsgefährder“, verunglimpft „degenerierte“ Politiker und Kirchenvertreter aufgrund von Aussehen und Alter und fantasiert, die Klimakleber von Pferden der Polizei – einem Exekutivorgan des Staates – anscheißen zu lassen. (Die Wortwahl stört Sie? Sollte sie auch.)

Kickl öffnet das Ventil

Wohlgemerkt: Kickl agitiert nicht in geschlossenen Zirkeln, sondern vor 2.000 Besuchern im Saal und unzähligen im Internet, erntet „Herbert, Herbert“-Sprechchöre. Als er zum „Marsch“ auf das Kanzleramt ruft, wird frenetisch geklatscht. Da hat sich Wut angestaut. Kickl öffnet mehr und mehr das Ventil. Man muss kein Hysteriker sein, um sich an dunkle Zeiten erinnert zu fühlen.

Das System, das von Kickl verspottet wird, steht ihm ratlos gegenüber. Die herrschende Lehre, die FPÖ nicht ausgrenzen zu dürfen, um ihr nicht weitere Wähler in die Arme zu treiben, sollte auf ihre Tauglichkeit überprüft werden. Wenn Menschen zu unverhohlen zur Schau getragener Hetze rhythmisch in die Hände klatschen, muss man das benennen. Man muss dem entgegentreten. Und man darf es sogar ächten.

Zaghafte Versuche der Versöhnung, wie sie die Regierung etwa in Nachbetrachtung der Pandemie unternimmt, fruchten leider nicht. Sie werden vom Gegenüber als Schuldeingeständnis, ja sogar als Zeichen der Schwäche gewertet. Und das Klatschen wird lauter.

Aber Sie erinnern sich: Man muss nicht immer jedem unwidersprochen zuhören. Und man sollte es auch nicht.

Die unsägliche Hetze des Herbert Kickl

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