Die Spaß-Maturanten: Schule ohne Leistungsdruck?

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Wiens SPÖ will die Matura und die Noten abschaffen. Das schreit nach einer Diskussion über Leistung in der Schule.
Martin Gebhart

Martin Gebhart

Als die Bundes-SPÖ vor einigen Tagen in Graz ihre neuen Leitlinien beschlossen hat, war es noch kein Thema. Am Wochenende haben es nun aber die Wiener Genossen im Alleingang zu einem gemacht: die Abschaffung der Matura sowie die Einführung der Gesamtschule ohne Notengebung. 

Warum die gewichtige SPÖ von Bürgermeister Michael Ludwig diese brisante Forderung an den Bund nicht schon beim Bundesparteitag eingebracht hat, wird man parteiintern mit dem neuen Chef Andreas Babler klären müssen. Dass man damit aber eine Diskussion hochgezogen hat, die in allen Lagern die ideologischen Gemüter sofort hochgehen hat lassen, ist unbestritten.

➤ Mehr lesen: SPÖ-Bildungstreffen: Soll Matura abgeschafft werden? 

Matura abschaffen, auf Schulnoten verzichten, die Gesamtschule der 6- bis 14-Jährigen einführen: Das klingt nach roter Mottenkiste, die von den Wienern plötzlich und unerwartet wieder entstaubt worden ist – nach etlichen Jahren, in denen diese Forderungen selbst von SPÖ-Bildungssprechern nicht mehr in den Mund genommen worden waren. Damit werden nun wieder jene Linien gezogen, die in erster Linie SPÖ und ÖVP jahrzehntelang bildungspolitisch getrennt haben. 

Weil damit immer auch die Abschaffung der Unterstufe im Gymnasium mitschwingt, selbst wenn das diesmal nicht explizit gesagt worden ist. Die ersten Reaktionen aus der ÖVP waren dementsprechend. Diese spricht sogar von einem „massiven Angriff“ auf das Bildungssystem.

Der Beschluss in der Wiener SPÖ kann auch nicht kleingeredet werden, auch wenn es sich nur um eine sogenannte Wiener Konferenz gehandelt hat. Dieses Format wurde geschaffen, um inhaltliche Debatten abseits eines Parteitags führen zu können. Indem sich aber Bürgermeister Michael Ludwig und sein Bildungsdirektor Heinrich Himmer öffentlich hinter dieses Schulpaket gestellt haben, wird auch die Bundes-SPÖ daran nicht vorbei können.

Wobei in der Debatte auf einen Satz der Wiener SPÖ-Bildungssprecherin besonders geachtet werden muss. „Wir wollen eine angstfreie Schule, wir wollen den Leistungsdruck von den Kindern weghaben“, sagte sie im Hinblick auf die Matura und die Schulnoten. Also geht es um Spaß-Maturanten, die der Staat auch in ihrem späteren Leben vor jeglichem Leistungsdruck bewahren soll, könnte man zynisch den Umkehrschluss formulieren.

Die neuen – oder wieder ausgegrabenen – bildungspolitischen Ansätze der SPÖ könnten den positiven Effekt haben, dass endlich wieder mehr über die Bildungspolitik im Land diskutiert wird. Dann sollte man sich auch gleich genauer mit dem Begriff „Leistung“ auseinandersetzen. Denn dass der rote Vorstoß, die Schuljahre von jeglichem Leistungsdruck zu befreien, die Gesellschaft vorwärts bringt, muss eher bezweifelt werden.

Die Spaß-Maturanten: Schule ohne Leistungsdruck?

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