Die Probleme der SPÖ beginnen erst

SPÖ-Vorstand Pamela Rendi-Wagner und Hans Peter Doskozil auf einer Treppe.
„Wer nicht handelt, der wird behandelt“: Die SPÖ erfährt gerade am eigenen Leib, wie viel Wahrheit in diesem Satz steckt.
Christian Böhmer

Christian Böhmer

Wer nicht handelt, der wird behandelt.“ Wie viel Wahrheit in diesem Kalenderspruch steckt, das muss die Parteiführung der SPÖ gerade am eigenen Leib erfahren.

Nachdem der Machtkampf zwischen Parteichefin Pamela Rendi-Wagner und Hans Peter Doskozil von Parteigranden über Jahre hinweg (!) mehr oder weniger nobel ignoriert worden ist, versuchte der burgenländische Herausforderer die Amtsinhaberin jüngst in eine Kampfabstimmung zu zwingen. Das Unterfangen misslang. Statt eines Duells soll es eine offene Mitgliederbefragung samt Sonderparteitag geben, so will es das Parteipräsidium. Doch auch wenn Fristen und Abläufe grob fixiert sind: Die Probleme der SPÖ sind nicht gelöst. Sie beginnen gerade.

Da ist zunächst einmal der Auswahlmodus der Kandidaten, der – Überraschung! – ebenfalls nicht aktiv entwickelt, sondern aus blanker Not und binnen Stunden geboren wurde.

Zur Erinnerung: Nachdem der rhetorisch gewandte und inhaltlich beschlagene Linksausleger Niki Kowall am Dienstag überraschend seine Kandidatur für den Parteivorsitz bekannt gab, entschied das SPÖ-Präsidium – aus Angst, Unüberlegtheit oder aus einer Mischung von beidem – die Kandidatur kurzerhand komplett „aufzumachen“.

Das Ergebnis: Bei der Mitgliederbefragung darf sich jeder und jede für den Parteivorsitz bewerben, der oder die heute, Freitag, eine aufrechte Mitgliedschaft besitzt.

Kurzfristig war diese radikale Öffnung lohnend. Wie dem KURIER bestätigt worden ist, steigt die Zahl der Neu-Eintritte seit Tagen in beeindruckendem Ausmaß.

Ganz grundsätzlich muss sich die SPÖ aber die Frage stellen: Ist es für eine staatstragende Partei, die seit 134 Jahren existiert und 140.000 Mitglieder zählt, wirklich clever, als einzige Voraussetzung für den Vorsitz das unfallfreie Ausfüllen eines Mitgliedsformulars vorzusehen?

Und noch eine essenzielle Frage stellt sich am Montag, wenn das Präsidium die letzten Details der Mitgliederbefragung klären soll, nämlich: Wie wird eigentlich die Stichwahl aussehen? Gibt es sie gleich bei der Mitgliederbefragung, etwa mit einem zweiten Befragungsdurchgang? Oder stellen sich die beiden Besten der Befragung am 3. Juni dem Parteitag?

Die SPÖ bzw. das Präsidium sind längst nicht so weit, für sie ist die Stichwahl vorerst keine zwingende Sache. Und damit besteht weiterhin das realistische Szenario, dass der SPÖ-Vorsitzende nicht von einer Mehrheit gewählt worden sein wird.

Ein Parteichef, der nicht einmal 50 Prozent der Mitglieder plus einer Stimme hinter sich weiß?

Zugegeben, das wäre ein Novum in der heimischen Parteienlandschaft. Aber eben leider keines, um das die Sozialdemokratie irgendjemand beneidet.

Kommentare