Der Höhenflug der FPÖ

Der Höhenflug der FPÖ
Die Freiheitlichen waren mehrfach schon nahe an der Sonne – und stürzten ab. Aber mit ihrem Kampf gegen das „System“ sind sie kaum zu bremsen.
Andreas Schwarz

Andreas Schwarz

Das Wundenlecken nach einem Politbeben ist die vergleichsweise leichte Übung: Wer ist schuld am historischen Absturz der im Selbstverständnis einzigen NÖ-Partei? Wie kann es sein, dass die ohnehin im Nichts grundelnde SPÖ nicht einmal von diesem Absturz profitieren kann? Und hätten die Grünen in Zeiten von Klimanot und Alternativ-Euphorie nicht mehr punkten müssen?

Schwieriger ist anzuerkennen und zu begreifen, dass und warum es nur einen Sieger gibt: die FPÖ. Sie erreichte am Sonntag ein Ergebnis, von dem sie in Niederösterreich nicht einmal in Haider-Zeiten träumen durfte; und sie liegt in allen Umfragen zur nächsten Nationalratswahl konstant voran. Wer sollte diesen Höhenflug noch bremsen? Alexander Van der Bellen wird’s nicht können (im Gegenteil: er hat den blauen Höhenflug mit seinem Sager, einem Chef dieser FPÖ keinen Regierungsbildungsauftrag geben zu wollen, ohne Not noch befeuert).

Dabei waren die Freiheitlichen vor Kurzem noch maustot, nein: scheintot. Nach dem Ibiza-Video, das ihre schmutzige Vorstellung von Politik dokumentierte, und dem Fußtritt, den Sebastian Kurz den Blauen versetzte, verloren sie Wahl um Wahl. So wie knapp zwei Jahrzehnte davor, als sie sich in der Koalition mit Wolfgang Schüssel in die Luft sprengten. Der FPÖ ging es wie Ikarus: Nahe an der Sonne war Schluss.

Der Mythos, dass die Freiheitlichen in Regierungsverantwortung mangels Fähigkeit an sich selbst scheitern, mag stimmen. Aber in ihrer angestammten Rolle des Beißers in der Opposition kehrt die FPÖ, anders als Ikarus, stets gestärkt zurück.

Diesmal kamen ihr Corona und Krieg zupass. Der demonstrative Politrabauke Herbert Kickl machte sich ungeniert zum Anwalt der Corona-Leugner und Impfgegner (dafür speiste er angeblich gar Pferdeentwurmungsmittel). Seine Truppe schürt die Ängste vor dem Weltuntergang, wenn man die Ukraine unterstützt, und verliert kein böses Wort über Putin. Und sie sammelt jene ein, die sich das Gender-I und die Cancel Culture nicht vorschreiben, das Auto nicht verbieten und kein Windrad vor die Haustür setzen lassen wollen. Vom Asylwerber in angeblich jedem Garten nicht zu reden.

Es geht gegen das „System“, das „politische Establishment“. Die anderen Parteien, die unter politischer Kultur (als Gegenmodell zur freiheitlichen Unkultur und Hetze) selbst nur Streit und Hader verstehen, haben dem nichts entgegen zu setzen. Und nichts verstanden.

Donald Trump hat mit diesem Anti-Establishment-Impetus einst die Wahlen in den USA gewonnen. In Österreich ist die FPÖ auf ähnlichem Weg. Amerika hat Trump überlebt, Italien wird Rechtspopulisten wie Giorgia Meloni überleben. Und vielleicht erübrigen sich die Freiheitlichen dann, wenn sie tatsächlich einmal am Sonnenplatz angekommen sind. Vorher ist vermutlich keine Ruh’.

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