Das rechte Pulverfass
Es waren meist nur Pfiffe, die zuletzt die verschiedensten Auftritte von Bundespräsident Alexander Van der Bellen störend begleiteten. Kein großer Aufstand, keine richtigen Tumulte, aber doch auffallend hartnäckig. Was mancherorts als unangenehme, aber auch unwichtige Nebenerscheinung der aktuellen politischen Lage abgetan worden ist, wurde von den Verfassungsschützern nicht so einfach abgelegt. Sie mussten zur Kenntnis nehmen, dass diese Aktionen gut geplant worden waren, dass über das Soziale Netzwerk Telegram zu den Störaktionen aufgerufen worden war. Mit dem genauen Auftrittsprogramm des Präsidenten als Anhang und mit wüsten Beschimpfungen gegen Alexander Van der Bellen.
Stutzig machte die Beamten, dass bei diesen – vorerst eher noch sehr kleinen – Störaktionen jene rechtsextremen Corona-Leugner wieder aufgetaucht sind, die noch vor wenigen Monaten die Demonstrationen gegen das Impfen mitorganisiert hatten. Womit einmal mehr deutlich wurde, dass es diesen Extremisten nie um die Maßnahmen gegen die Pandemie gegangen ist. Das Thema war nur Mittel zum Zweck, um möglichst viele Menschen zu mobilisieren und „denen da oben“ zu zeigen, dass man den Staat destabilisieren kann. All jene, die tatsächlich wegen ihrer Corona-Ängste bei den großen Samstagsmärschen mitgegangen waren, wurden von dieser Gruppe nur als nützliche Mitläufer gesehen.
Jetzt, wo die Impfpflicht gefallen und Corona nicht mehr das große Thema ist, wird auf andere Krisen gesetzt. Ein Bericht der deutschen Zeitschrift „Der Spiegel“ hat ungeschminkt offen gelegt, dass rechtsextreme Gruppen die Sorgen über vielleicht ausbleibende Energie und die hohe Inflation in einen „Wut-Winter“ gegen die staatliche Führung ummünzen wollen. In Österreich wurde das bisher öffentlich noch nicht so klar diskutiert. Aber ein Papier des Verfassungsschutzes macht deutlich, dass auch uns Aufstände blühen könnten, wenn etwa das Gas ausbleibt oder zu wenig Diesel vorhanden ist. Das entsprechende rechte Potenzial ist auch hier vorhanden, nicht nur in Deutschland.
Die Polizei allein wird dieses Problem nicht lösen können, das hat nicht zuletzt der tragische Tod einer oberösterreichischen Ärztin gezeigt. Wirksamer wäre eine breite Allianz aller Parlamentsparteien – mit der FPÖ mit an Bord. In so unsicheren Zeit wird auch der nichts anderes übrig bleiben, als zu zeigen, dass man den demokratischen Pfad nicht verlassen will und wird. Mit Rechts ein wenig zu kokettieren ist das eine, staatszerstörerische Extremisten zu tolerieren, das andere. Noch dazu, wo Kickl & Co erkannt haben müssen, dass sie die Teilnahme und Auftritte bei den Corona-Demos politisch ins Abseits gestellt haben.
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