Diese Meilensteine sind allerdings zur Nebensache geworden. Dafür sorgt eine heimliche Handy-Aufnahme von einem Gespräch in einem Wiener In-Lokal. Zu hören ist der verstorbene Sektionschef des Justizministeriums, Christian Pilnacek, in geselliger Runde, wie er sich über die ÖVP beschwert. Er spricht von Interventionen, denen er nicht nachgegeben habe. Und er nennt explizit diesbezügliche Vorhaltungen von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka. Der Inhalt ist starker Tobak und bringt die ÖVP unter Zugzwang. Da reichen auch nicht die Dementis und der Verweis auf die vielen Pilnacek-Aussagen im U-Ausschuss, die das Gegenteil vermittelt haben.
Die Opposition hat sich auf Wolfgang Sobotka eingeschossen und will ihn um jeden Preis aus dem Nationalratspräsidium vertreiben. Damit hätte sie erreicht, was ihr während des U-Ausschusses gegen die ÖVP nicht gelungen ist. Das Ergebnis ist vorerst das Gegenteil. In der ÖVP ist der umstrittene Niederösterreicher wegen dieser Angriffe noch mehr einzementiert, wie aktuelle Aussagen des Generalsekretärs und des Bundeskanzlers bekräftigen. Man will sich niemanden aus den eigenen Reihen „herausschießen“ lassen. Das würde intern ein Beben verursachen, auch wenn die türkise Partei sicherlich nicht völlig geschlossen hinter dem Nationalratspräsidenten steht. Auch wenn man weiß, dass die Pilnacek-Vorwürfe im Wahlkampf nicht gerade hilfreich sein werden.
Abseits dieser politischen Diskussion muss man aber schon auch über die Methode diskutieren, die hinter dem Handy-Mitschnitt steckt. Da wird der suspendierte Christian Pilnacek, „offensichtlich nicht nüchtern“ (Zitat APA), Ende Juli in seinem Lieblingslokal in ein Gespräch über seine Rolle als Sektionschef verwickelt, und das wird heimlich mit einem Handy aufgenommen. Ohne dass er es gewusst hat. An Medien gespielt wird das Ganze erst, nachdem er Ende Oktober auf tragische Weise ums Leben gekommen ist. Und diese veröffentlichen es wenige Tage nach dem Requiem für Christian Pilnacek. Mit der Konsequenz, dass er selbst die Diskrepanz zwischen diesen Vorwürfen und den gegenteiligen Aussagen im U-Ausschuss nicht mehr aufklären kann. Damit hat die politische Auseinandersetzung ein Niveau erreicht, das kaum mehr unterboten werden kann.
Die türkis-grüne Koalition wird daran wohl kaum zerbrechen, eine schwere Belastung ist es dennoch.
Kommentare