Aufgelöst: Kaffee und Demonstrationen

Das mit dem Kaffee ist in Baku ein echtes Problem. Es gibt nämlich keinen. Zumindest keinen trinkbaren. Der aus dem Kaffeeautomaten im Pressezentrum schmeckt nach Salz. Einer Kollegin wurde ein Milch-Zucker-Gemisch mit Kakao und Klümpchen als Cappuccino verkauft. Und am Frühstücksbuffet am Hotel gibt`s Nescafé. Jeder weiterer Kommentar erübrigt sich.
Gut. Kommen wir von den Luxus- zu den wahren Problemen: Die Suche nach Kaffee führte am Montag zu Mittag gen Stadtzentrum - und mitten in eine gerade aufgelösten Demonstration. Ein paar zig Männer laufen skandierend durch die Straße. Etwa 20 Polizisten sperren den Zugang zum Fountain Square ab, wo die Demo offenbar stattgefunden hat. Eine Gruppe heftiger diskutierender Menschen ist übrig geblieben, rund herum ein Kreis von Kameraleuten, Fotografen und anderen Schaulustigen. (Wer sind die ganzen Menschen, die die Szene mit ihren Handys filmen - und warum tun sie das? Ein paar Journalisten tragen neongelbe Westen, auf denen große "Press" steht. Das sind offenbar die Vertreter der lokalen Medien. Gut, dass man sie sofort erkennt.) Die Polizei schaut eine Weile zu, dann wird die Versammlung freundlich, aber bestimmt aufgelöst. Etwa eine halbe Stunde später eine ähnliche, noch unklarere Szene - nicht weit, von der ersten: Auch hier passiert mitten in einem Kreis von Schaulustigen irgendwas, auch hier taucht plötzlich jede Menge Polizei auf und sorgt dafür, dass die Menschen sich zerstreuen.
An den Anblick von Uniformierten gewöhnt man sich in Baku schnell. Überall sind Polizisten und Sicherheitsleute, die dafür sorgen, dass alles richtig und ordentlich abläuft. Mit der roten Karte um den Hals, die einen als Mitglied des Song-Contest-Trosses ausweist, genießt man Sonderbehandlung. Man darf zum Beispiel - im Unterschied zu zwei jungen einheimischen Burschen, die umdrehen müssen - die neu gebaute Strandpromenade entlang gehen. Ein zig Meter breites, menschenleeres Ungetüm, das zur ebenfalls neu gebauten Konzerthalle führt. Die Sonne brennt vom Himmel, das Meer stinkt nach Öl. Vier vermummte Frauen bearbeiten den blitzblanken Stein mit Reisigbesen. Plötzlich hält ein Polizeiauto neben uns. "Einsteigen!" Wir quetschen uns zu drei Polizisten in das klimatisierte Auto. "Es ist zu heiß, um draußen zu gehen." Sie bringen uns bis zum Pressezentrum. Weil wir die schöne Strandpromenade mit unserer Anwesenheit verunstaltet haben? Oder aus Nettigkeit? Es gibt noch viel zu lernen über dieses Aserbaidschan.
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