Angst zerstört die Freiheit der Bürger

Die wichtigste Errungenschaft der Aufklärung ist die freie Meinungsäußerung. Sie darf nicht verloren gehen.
Helmut Brandstätter

Helmut Brandstätter

Groß war die Aufregung in unserer ohnehin ständig erregten Zeit, als der Besuch von Spitzen des Bildungsministeriums bei der Direktorin eines Wiener Gymnasiums bekannt wurde. Sie habe das als „Einschüchterung“ empfunden, weil sie sich gegen Deutschklassen ausgesprochen hatte. Auf Twitter bebten die digitalen Scharfrichter, zum Denken bleibt bei diesem Medium des schnellen Fingers meistens zu wenig Zeit, wie uns der US-Präsident täglich beweist. Mag sein, dass ein Beamter eine Direktorin unter Druck setzen wollte, aber Druck muss Gegendruck statt Angstschweiß erzeugen, jedenfalls in einer Gesellschaft freier Bürger. Beamte genießen auch noch besonderen Schutz.

Leider drängt auch diese Regierung nicht darauf, dass das Fach Zivilcourage gelehrt oder gar geprobt wird. Pressesprecher treten mal impertinent auf und wollen Sprachregelungen durchsetzen. Dagegen wehrt man sich, am besten, indem man mit der Veröffentlichung einer grenzüberschreitenden SMS droht. Und Einschüchterungsversuche von Politikern gegenüber Journalisten, die sich leider mehren, müssen das bleiben, was sie sind: Versuche. Es muss aber auch möglich sein, einen missverständlichen Text zu verbessern, wie der KURIER das zuletzt tat. Da ging es darum, ob EU-Kommissionspräsident Juncker Bundeskanzler Kurz als „großspurig“ bezeichnet hatte. Juncker dementierte, der KURIER dokumentierte den Vorgang, aber das Twitter-Beil sauste trotzdem auf die Redaktion nieder. Da darf man halt nicht wehleidig sein, der freie Citoyen fürchtet Kritik nicht, sie gehört dazu. Und außerdem: Der KURIER hat ein Redakteursstatut, das man nur allen Journalisten im Lande wünschen kann. Das ist die Stärke dieses Medienhauses.

Dreiklang: Freiheit – Demokratie – Wohlstand

Über all diesen Vorgängen steht aber die Frage, wie frei und unabhängig sich die Menschen in unserem Land fühlen. Und ob Freiheit überhaupt wichtig ist. Leider greift die Politik traditionell weit in die Wirtschaft hinein. Da werden Jobs noch immer nach Parteizugehörigkeit und Dienstbarkeit vergeben. Dagegen hat die FPÖ stets protestiert, weil sie benachteiligt war, aber sie hat auch diesmal wieder schnell gelernt. Da sie über zu wenig ausgewiesenes Personal verfügt, werden auch spät Berufene gerne genommen. Bei der ÖVP wiederum reicht die Mitgliedschaft in der Partei nicht immer, manchmal hilft die Nähe zu gewissen Personen noch mehr. „Neu regieren“ kann man sich anders vorstellen, aber dort, wo die SPÖ noch etwas zu verteilen hat, gilt Ähnliches. Wie die Parteien Abhängigkeiten schaffen, hat etwas Entwürdigendes. Wer länger etwa in Deutschland gelebt hat, tut sich schwer mit diesen Methoden, mehr noch: Es ist bedrückend, wenn ausgewiesene Fachleute betonen, sie würden sich zur Politik lieber nicht mehr äußern, das könne nur schaden. Politisch Lied ist aber kein „garstig Lied“, sondern Grundlage von Demokratie und Freiheit und nach westlichem Verständnis jedenfalls auch Grundlage für Wohlstand.

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