„Abgehobene Elite“ – das kann schnell gehen

Ob in Politik oder der Wirtschaft – Führungen heben so schnell ab, dass sie Realitäten nicht mehr kennen.
Helmut Brandstätter

Helmut Brandstätter

Die „abgehobenen Eliten“, sie waren lange Zeit das erklärte Feindbild der FPÖ. Also Politiker, die „mit CETA über das Volk drüber fahren“, oder Minister, die sich vor dem Parlament drücken. Auch „Privilegienritter“, „Abkassierer“ und alle, die „vom System profitieren“ wurden gerne herausgeholt und abgewatscht. Nun, der Standort ändert den Standpunkt, das ist schon klar. Aber wie schnell beim Aufstieg in höchste Staatsämter die vormals kritisierten Handlungsweisen übernommen und imitiert werden ist schon beachtlich.

CETA, das Handelsabkommen mit Kanada wurde und wird von den meisten Experten, die sich damit beschäftigen, positiv beurteilt. Trotzdem polemisierte die FPÖ ständig dagegen. Jetzt könnte sie mit der Bemerkung zustimmen, sie habe sich geirrt. Aber Politiker irren nie, deshalb wurde der Schmonzes von den „Gezogenen Giftzähne“ verbreitet. Unsinn. Auch Innenminister Herbert Kickl schafft es nicht zuzugeben, dass die Aktion gegen den BVT und dessen Chef Peter Gridling ein riesiger Fehler war. Da wurde das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung de facto zerstört – und der Minister schweigt wenig nobel. Was hätte er als Oppositionspolitiker im Parlament aufgeführt, wenn man einem früheren Innenminister nachweisen hätte können, dass dieser den Nationalrat falsch informiert hat? Und wer ist dafür verantwortlich, dass der Staatsschutz seinen Aufgaben nicht nachkommen kann? Da werden ein paar Pferde auch nicht helfen.

Medien als Garantie für TransparenzSolange es funktionierende Medien gibt, können diese – also die nicht gekauften – wenigstens über Missstände berichten. Und dazu sagen, dass die „Verantwortlichen“ schweigen, wie der Innenminister. Im Bereich der Wirtschaft ist es noch schwieriger. Zwar weisen internationale Qualitätsmedien seit Jahren darauf hin, dass die extrem hoch bezahlten Chefs der Deutschen Bank planlos durchs Finanzuniversum steuern und die Bank seit 2007 80 Prozent ihres Werts verloren hat. Aber die Aktionäre sitzen eher hilflos in den Hauptversammlungen und verfolgen das Elend des verlorenen Geldes. Der frühere VW-Chef Martin Winterkorn muss sich wenigstens vor Gericht dafür verantworten, dass es sein Konzern bei den Schadstoffwerten offensichtlich nicht so genau genommen hat. Abgeschottete Manager, die nichts mehr aus ihrem Unternehmen heraus erfahren, sind keine Elite, sondern Kaiser, die plötzlich nackt da stehen können.

Also sollten Politiker, Unternehmer und Manager doch dankbar sein, dass es kritische Medien gibt, so werden sie davon abgehalten, völlig abzuheben. In der österreichischen Politik ist das traditionell nicht so. Diese Regierung umwirbt noch unverschämter den Boulevard als jede vorhergehende, koste es, was es wolle. Und der von der SPÖ eingesetzte ORF Chef kann es gar nicht erwarten, in Türkis-Blau zu schillern. Unabhängigkeit? Wofür denn? Dafür, dass in diesem Land der Wohlstand durch Anstand erhalten bleibt. Mit richtigen Eliten.

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