Slow Travel: Unterwegs entlang der 5 schönsten Bahnstrecken Österreichs

Mariazellerbahn - Nostalgiedampfzug
Der Weg ist das Ziel - ein Motto, das beim Reisen mit der Bahn neu entdeckt wird.

Der 23. November 1837 war ein großer Moment in der Geschichte des Reisens – zumindest in Österreich. Denn an diesem Tag setzte sich die erste Dampfeisenbahn in Bewegung. An Bord: einige ausgewählte Gäste, die die 13 Kilometer lange Strecke zwischen Floridsdorf und Deutsch Wagram zurücklegen durften. Diese Art des Reisens erfreute sich schnell großer Beliebtheit. Schließlich war es mit der Eisenbahn plötzlich möglich, viel schneller und weiter zu reisen, als das mit der Pferdekutsche je möglich gewesen wäre. Einer der größten Fans dieser neumodischen Erfindung war Kaiser Franz Josef.

Der Eisenbahnboom hielt an, bis das Flugzeug seinen Siegeszug feierte. Überschallflugzeuge wie die Concorde brachen alle Geschwindigkeitsrekorde. Der Weg, die Reise an sich, verkam dadurch aber zur reinen Nebensache, sogar zur reinen Notwendigkeit. Damit ist aber glücklicherweise seit einiger Zeit Schluss. Das Bahnfahren feiert eine neue Hoch-Zeit, geschuldet einer Gegenbewegung, die sich dem Stress und der Hektik bewusst entziehen möchte. Unter dem Stichwort „Slow Travel“ bekommt der Weg wieder seine eigene Bedeutung. Besonders gut geht das auch hierzulande. Denn die schönsten Bahnstrecken Österreichs führen entlang atemberaubender Bergmassive, durch zauberhafte Städte und entlang idyllischer Naturlandschaften.

Durchs Mariazellerland

Eine dieser Strecken führt von St. Pölten in Niederösterreich nach Mariazell in der Steiermark. Die längste Schmalspurbahn Österreichs ist rund zweieinhalb Stunden unterwegs. Genug Zeit also, um die Kalkfelsen, die eindrucksvollen Viadukte und die Panoramablicke auf den Ötscher in aller Ruhe zu würdigen. Die Panoramabahn ist großzügig verglast, so dass man ein Maximum an Ausblicken genießen kann. Apropos Genuss: Gegen Vorbestellung kann man während der Fahrt nach Mariazell aus mehreren regionalen Frühstücksvarianten wählen. Am Rückweg stehen Käseschmankerl, Mehlspeisen und erlesene Weine auf der Karte. Die Panoramawagen sind in der Saison 2022 bis 1. November und im Advent ab 19. November an Samstagen, Sonn- und Feiertagen unterwegs. Top: Dazwischen gibt es auch immer wieder Fahrten zu ausgewählten Themen, etwa die „Dirndlzüge“, die jeden ersten Samstag im Monat die Pielachtaler Spezialität in den Mittelpunkt stellen. Weitere Informationen finden Sie hier

Auf den Schafberg

Mit einer weiteren historischen Besonderheit wartet das Salzkammergut auf. Denn vom oberösterreichischen St. Wolfgang fährt mit der Schafbergbahn die steilste und eine der ältesten Dampf-Zahnradbahnen des Landes ab. Ihr Weg führt hinauf auf den 1.732 Meter hohen Schafberg. Die Strecke punktet mit Aussichten auf den friedlich in der Sonne glitzernden Wolfgangsee, auf Felswände und den Dittelbachfluss, auf Wiesen und Felder. Der knallrote Nostalgiezug nahm seinen Betrieb im Jahr 1893 auf. Und hat seither nichts an Beliebtheit eingebüßt. Er überwindet die 1.190 Höhenmeter, die sich auf rund sechs Kilometer aufteilen, in etwas mehr als einer halben Stunde. Von oben hat man bei klarem Wetter einen unvergleichlichen Rundumblick auf die Seen des Salzkammerguts und des Alpenvorlands. Die Schafbergbahn ist von 30. April bis 9. Oktober täglich in Betrieb. Weitere Informationen finden Sie hier

Entlang des Semmerings

Wahrscheinlich zählt die eineinhalbstündige Zugfahrt von Wiener Neustadt in Niederösterreich nach Bruck an der Mur in der Steiermark zu den bekanntesten und schönsten Bahnstrecken in Österreich. Sie war die erste Gebirgsbahnstrecke der Welt. Diese Tatsache würdigte auch die UNESCO, denn seit 1998 ist sie Mitglied der Welterbeliste. Geplant wurde sie von Carl von Ghega, sie nahm ihre Fahrt 1854 auf und gilt als Meilenstein der Eisenbahngeschichte. Während der Fahrt gibt es für die Passagiere einiges zu sehen. So führt sie vorbei an typischen Villenbauten, durch zahlreiche Tunnel und über insgesamt 16 Viadukte und 100 gemauerte Bogenbrücken. Zu den weiteren Sehenswürdigkeiten entlang der Strecke zählen das Südbahnhotel, das historische Postamt Küb, das Hotel Panhans und Schloss Gloggnitz. Eine weitere Besonderheit ist der Bahnwanderweg, der entlang der Gleise dazu einlädt, ein Wandererlebnis der besonderen Art zu genießen. Weitere Informationen finden Sie hier

Im Murtal

Auch auf steirisch-salzburgischem Boden gibt es eine Menge Historie zu erleben. Denn hier ist die einspurige Murtalbahn unterwegs; teilweise sogar als Dampflokomotive. Vor den Fenstern ziehen kleine, steirische Gemeinden, die Mur und idyllische Wälder vorbei, während sich die Gäste keinesfalls stressen lassen. Die eineinhalbstündige Zugfahrt beschwört Bilder vom Reisen in längst vergangenen Zeiten herauf. Los geht es in Unzmark in der Steiermark, 65 Kilometer weiter kommt die Murtalbahn an ihrer Destination Tamsweg in Salzburg an. Wer möchte, kann beim Zwischenstopp in Stadl an der Mur erleben, wie der Wassertank der Lok befüllt wird. Die Dampfzüge sind an ausgewählten Terminen unterwegs; Informationen und Fahrpläne: www.steiermarkbahn.at

Vorbei an Weinbergen

Reblaus-Express: Das klingt verlockend? Ist es auch. Der nostalgische Wein- und Genusszug führt von Retz nach Drosendorf. Links und rechts der Gleise erfolgte die Weichenstellung für den Weinbau bereits in der Zeit um 800 v. Chr. Denn hier im Weinviertel wurden die ältesten Traubenkerne Österreichs gefunden. Während der nostalgische Zug Teiche, Wälder und Dörfer passiert, vergessen die Passagiere die Hektik des Alltags. Denn für die rund 40 Kilometer benötigt die Zuggarnitur aus dunkelgrünen Waggons mit offenen Plattformen rund eineinhalb Stunden. Woher der Zusatz „Express“ kommt, bleibt ein Geheimnis. Top: Fahrräder reisen kostenlos, im „Heurigenwaggon“ gibt’s Schmankerl und Trankerl. Weitere Informationen finden Sie hier

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