„Schmerzfrei laufen“: Die Freilauf-Methode von Emanuel Bohlander
Im Vorwort seines Buches „Schmerzfrei laufen“, das 2023 im Kneipp-Verlag erschienen ist, bezeichnet sich Emanuel Bohlander selbst als professioneller Laufanfänger. Und das nicht seit vorgestern, sondern seit 15 Jahren. In YouTube-Videos schildert er seine Erfahrungen, in Seminaren lädt er dazu ein, die von ihm entwickelte Freilauf-Methode selbst auszuprobieren, die auf eine neue, individuelle Körperwahrnehmung abzielt und so der Schlüssel zu unbeschwerter Bewegung ist. Doch was ist die Freilauf-Methode eigentlich? Wir stellen Tipps und Übungen von Emanuel Bohlander aus seinem Buch „Schmerzfrei laufen“ vor.
- "Schmerzfrei laufen" von Emanuel Bohlander
- 160 Seiten
- erschienen im Kneipp Verlag
- € 25,-
Vor dem Laufen: Übungen für die Zehen
Die wichtigsten Übungen der Freilauf-Methode sind jene für die Zehen: Sie bieten den Läuferinnen und Läufern und ihren Füßen die Möglichkeit zu unbeschwerter Bewegung zu gelangen. Hierbei geht es um die Aktivierung einer bewussten Verbindung zwischen großem Zeh und Gehirn, sollten allerdings nicht während sondern vor dem Laufen gemacht werden.
Mobilisierung des großen Zehs:
- Setzen Sie sich auf einen Sessel oder auf den Boden.
- Greifen Sie die Außenkante des linken Fußes mit der linken Hand.
- Greifen Sie mit Daumen und Zeigefinger den vorderen Teil des großen Zehs.
- Bewegen Sie den Zeh ohne Widerstand nach unten und oben.
Großer Zeh nach oben:
- Stellen Sie sich mit beiden Füßen hüftbreit und stabil auf einen harten, ebenen Untergrund; Sie können sich auf einen Sessel setzen.
- Mit den Knien im 90 Grad Winkel die Füße so aufstellen, dass die Zehen locker auf dem Boden aufliegen.
- Große Zehen anheben, während die restlichen vier Zehen auf dem Boden bleiben.
- Spannung für 20 Sekunden halten.
Großer Zeh nach unten
- Wie die vorherige Übung „Großer Zeh nach oben“, mit dem Unterschied, dass der große Zeh am Boden bleibt und die vier restlichen Zehen angehoben werden.
Großen Zeh dehnen:
- Mit beiden Beinen auf eine dünne Matte stellen.
- Führen Sie den rechten Fuß leicht hinter den Körper und setzen Sie nur das vordere Glied des großen Zehs auf der Matte auf.
- Die kleinen Zehen sind nach vorne gestreckt.
- Ziehen Sie den Fuß locker nach vorne, sodass der große Zeh einknickt.
- Spannung für einige Sekunden halten.
- Seite wechseln und so den linken Zeh zur gebeugten Dehnung bringen.
- Nach der gebeugten Dehnung folgt die gestreckte Dehnung des großen Zehs.
- Führen Sie hierfür den Fuß hinter den Körper und setzen Sie mit dem großen Zeh auf.
- Ziehen Sie die kleinen Zehen zum Fuß und drücken Sie den gesamten Fuß nach hinten weg.
- Der große Zeh bleibt an seinem Punkt und wird so in seiner Bewegung nach oben gedehnt.
- Halten Sie diese Position, bis Sie einen Dehnreiz spüren.
Großer Zeh zur Seite:
- Für diese Übung brauchen Sie ein elastisches Band mit einem Durchmesser von 10 cm!
- Stellen Sie beide Füße direkt nebeneinander und legen Sie den Loop des Bandes um die beiden großen Zehen.
- Bringen Sie das Band auf Spannung, indem Sie die Zehen ein wenig auseinander bewegen. Der Loop sollte so viel Spannung auf die Zehen bringen, dass Sie von der Fußmitte weggezogen werden.
- Position kurz halten, dann die großen Zehen so langsam wie möglich Richtung Boden absetzen.
- Am Boden angekommen, drücken Sie beide Zehen etwas in den Boden.
- Übung drei- bis fünf Mal wiederholen.
Kleinen Zeh spreizen:
- Setzen Sie sich in den Langsitz und versuchen Sie, den kleinen Zeh abzuspreizen.
- Sollte das nicht auf Anhieb klappen, kann die Methode des „bösen Blickes“ helfen: Richten Sie Ihren Blick auf den kleinen Zeh und stellen Sie sich vor, dass Sie diesen wegspreizen können. Hier ist jedes Zucken des kleinen Zehs ein Erfolg!
- Zum Abschluss der Einheit, stellen Sie sich gerade hin und drücken Sie den großen Zeh eines Fußes in den Boden, während Sie den Rest des Fußes leicht anheben.
- Nur der große Zeh hat Bodenkontakt!
- Schieben Sie den gesamten Fuß nach außen, sodass der große Zeh seitlich gespreizt wird.
- Nun spreizen Sie den kleinen Zeh ab, der die anderen kleinen Zehen mitzieht.
- Führen Sie dieselbe Übung mit dem anderen Bein durch.
- Um das Ganze noch mit Krafttraining zu verbinden, ziehen Sie die Ferse hoch in den Ballenstand. Hier können Sie sich ruhig an einem Sessel oder an der Wand anhalten.
- Halten Sie den Ballenstand für einige Sekunden und setzen Sie dann die Fersen wieder vorsichtig auf den Boden zurück.
Die Gecko-Zehen
Die Übung „Gecko-Zehen“ ist laut der Erfahrung von Emanuel Bohlander eine der effektivsten gegen Krallen und Hammerzehen. Wenn die kleinen Zehen nämlich in zu engen Schuhen zusammengeschoben sind, passen sie sich an eine krallenhafte Haltung an. In der Gecko-Position werden Sie in die andere Richtung gebracht.
- Die Übung können Sie nach belieben im Stehen oder Sitzen machen.
- Setzen Sie beide Füße auf dem Boden auf.
- Ziehen Sie die kleinen Zehen nach hinten Richtung Rückfuß.
- Die Kuppen der Zehen bleiben am Boden stehen.
- Wenn sich auf den Zehenrücken eine Rille abzeichnet, sind diese in der richtigen Position.
- Sollte dies nicht der Fall sein, können Sie die Fußballen mit einem Handtuch um 1 cm erhöhen.
- Sie können auch Finger zur Hilfe nehmen, um die Zehen in die Gecko-Stellung zu bringen.
Zeitlupengehen: Finden wir den Fokusfuß
Bei dieser Übung kommen fast alle Komponenten in einem Bewegungsablauf zusammen, der dem Gehen ähnlich ist. Somit lässt sich diese Übung ideal in den Alltag integrieren. Finden Sie hierfür zuerst heraus, welcher Fuß Ihr Fokusfuß ist und setzen Sie diesen mit der Ferse leicht vor dem Körper auf den Boden auf. Klopfen Sie mit der Ferse auf den Boden und spüren Sie, wie hart oder weich sich dieses Klopfen anfühlt. Verändern Sie den Winkel des Fußaufsatzes, indem Sie das Knie mehr oder weniger beugen und den Fuß entweder in Richtung Nasenspitze oder flacher zum Boden hin aufsetzen.
Mit diesen verschiedenen Aufsatzpunkten können Sie ein wenig herumspielen und experimentieren und so die Haltung suchen, mit der man den Fuß am weichsten am Boden aufsetzen kann. Wenn Sie diesen weichsten Fußabsatzpunkt gefunden haben, spreizen Sie als Nächstes den kleinen Zeh des Fokusfußes ab – Emanuel Bohlander spricht hier von „Blinker setzen“, da der fünfte Zeh in die Richtung zeigt, in die es mit der Fußbewegung weitergeht.
Wenn Sie den Vorfuß langsam Richtung Boden absenken, zieht die Abspreizung des kleinen Zehs den vorderen Fuß in eine leichte Kippung zur Außenkante, sodass der Kleinzehballen (das Fettpolster vor dem kleinen Zeh) der nächste Kontaktpunkt auf dem Boden sein wird. Halten Sie den Fuß für einen Moment in dieser Position. Legen Sie dann die Zehen langsam von innen nach außen ab, bis nur noch der große Zeh oben steht, dieser folgt als letzter. Setzen Sie in einem nächsten Schritt den anderen Fuß nach vorne auf; der Fokusfuß bleibt mit vollem Kontakt auf dem Boden stehen. Lösen Sie die Ferse des Fokusfußes langsam und kontrolliert vom Boden ab. Geht die Ferse weiter nach oben, wandert der Druck zum Ballen des großen Zehs, wenn Sie diese nun weiter anheben, werden irgendwann auch die kleinen Zehen den Boden verlassen.
Somit hat nur noch der große Zeh Kontakt zum Boden – hier liegt der Fokus. Nun schwingt der Fokusfuß samt Fokusbein sanft vor dem Körper und setzt wieder auf der weichsten Stellte mit der Ferse auf dem Boden auf. Die Übung beginnt von vorne.
Einbeinstand
Stellen Sie sich vor den Spiegel und heben Sie ein Bein leicht nach hinten an. Um fehlende Stabilität auszugleichen, gibt es zwei Möglichkeiten. 80% der Menschen heben das Becken auf der Seite hoch, auf der sie das Bein heben. So verlagern Sie den Körper auf die Standbeinseite, die Position muss jedoch mit vermehrter Muskelkraft gehalten werden.
Alternativ können Sie beim Heben des Beines, das Becken in der Horizontalen, ohne es zu kippen zur Seite des Standbeins hinüberschieben. Damit bringt man über die diagonale Beinachse den Oberkörper in einer geraden Position über den Fuß.
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