Der Pickenbleib-Ort

Der Pickenbleib-Ort
An wenigen Orten bleibt man so hocken wie in der Kellergasse. Dabei gibt es hier oft gar nicht viel. Weshalb man jetzt Hauben-Essen serviert.

Der Reisende zeichnet  sich gegenüber dem Touristen unter anderem dadurch aus, dass er nicht immer weiter muss. Aber diese Disziplin des Verweilens war aus der Mode gekommen, die meisten wollten noch mehr sehen und noch mehr erleben, weshalb man nirgends lange bleiben konnte. Dem Österreicher ist das eher fremd, er ist in dieser Disziplin weltmeisterlich, er nennt sie „Pickenbleiben“.

Dafür braucht man die richtigen Orte und das sind nicht immer die plakativsten. Vor dem Eiffelturm etwa oder auf dem Times Square wird man von den Massen derart hin- und hergespült, dass sich die Klebewirkung nicht einstellen kann. Ein Platz, an dem man picken bleibt, muss schön sein, aber auch ruhig; man muss etwas anschauen können, aber es darf nicht zu viel sein, denn man braucht dabei auch Zeit, ein bisschen in sich selbst zu schauen.

Von diesem Kleinod gibt es in den Weinregionen der Welt unterschiedliche Ausprägungen, sogar die heimischen Kellergassen gleichen einander nur bedingt. Von den etwa 1.100 niederösterreichischen Kellergassen liegen die meisten im Weinviertel und seit den Polt-Krimis glaubt man, dass in jeder Erwin Steinhauer sitzt. Nicht nur das stimmt nicht, es liegen auch nicht alle Kellergassen auf einer Anhöhe, von der aus man den Trauben in einem weiten Weingartenmeer beim Wachsen zuschauen kann.

Im Gegenteil: Die meisten Kellergassen sind tief liegende Hohlwege. Den Niveauunterschied nutzte man früher, um die Weintraube von oben (aus dem Weingarten) mit möglichst wenig Aufwand und geringer Beschädigung nach unten (in das Presshaus und weiter in den Keller) zu bringen. Seit man im Weinbau aber nicht mehr alles mit Muskel- oder Schwerkraft löst, und seit man verlässlichere Lagermethoden als Holzfässer unter der Erde entwickelt hat, verlieren die Keller zunehmend ihren tieferen Sinn. Und mit ihnen die dazugehörigen Gassen.

Also inszeniert man sie neu. Und besinnt sich ihrer klebrigen Wirkung: Wo man der Sonne stundenlang zuschauen kann, wie sie von links nach rechts und schließlich untergeht, und wo es faktisch immer was zu trinken gibt, dort könnten die Menschen doch verweilen wollen. Kredenzen dazu noch Haubenköche sieben Gänge, schenken gute Winzer dreizehn Weine aus und gibt man dem Abend einen so klingenden Namen wie „Kellergassenkulinarium“, dann  wird dem Pickenbleiben zwar das Spontane genommen, aber das wird ohnehin immer romantisiert. Heuer kann man erstmals an drei Abenden in den Kellergassen von Paasdorf und  Hohenwarth solche Abende erleben, samt Spazieren von einem Keller zum anderen in Fackelschein und bei Livemusik. Natürlich klingt das kitschig, ist es auch, aber gleich nach dem Chardonnay-Frizzante vom Paasdorfer Eric Kurz (weingutkurz.at) und der Lachsforelle von Dreihaubenkoch Karl Polak (siehe rechts) ist einem klar, dass das hier nicht nur Schein ist. Die Qualität der Weine und Speisen ist beachtlich, es sei an dieser Stelle auf den Maibock von Zweihauber Christoph Wagner (diewagners.at) und den Muskateller-Sprudel von Thomas Seltenhammer (seltenhammer-weine.at) verwiesen – an den sollte man sich übrigens halten, wenn man Geschichte und Geschichten zu den Kellern hören oder in ein Kellerlabyrinth blicken will. Ein guter Erzähler, der Seltenhammer, der auch weiß, warum die Paasdorfer Kellergasse so gar nicht ins Bild passt, sondern ein halbkreisförmiger Rundplatz mit bildhaften Wiesen (wieder kitschig!) zwischen den Kellern ist. 

Klassischer ist da schon jener Hohlweg in Hohenwarth, wo zwei der Kulinarien stattfinden. Hier sind die Keller so aufgefadelt wie beim Polt, und zur intensiven Vorbereitung auf den Abend sei der Rote Veltliner Ried Hochstrass von den Sutters (weingut-sutter.com) erwähnt, mit dem bleibt man ganz vorzüglich picken. Apropos Verweilen: Die Abende werden auch in Packages als Kurzurlaubsoption angeboten. Für alle, die nicht weiter müssen.

 

 

Zu erleben

7 (Hauben-)Gerichte, dazu 13 Weine mit Erklärung vom Winzer, Kulisse: Kellergasse im Fackellicht. Die Kellergassenkulinarien finden am 15. Juli in Paasdorf (Preis: 129 €), am 18. und 19. Aug. in Hohenwarth (108 €) statt. Beginnzeit ist gestaffelt (halbstündlich von 17  bis 19.30 Uhr), daher lieber pünktlich sein! Dauer etwa vier Stunden. Kurzurlaubspackages: Kulinarium Passdorf mit 2 ÜN und Transfer ab 283,04  €. 
Kulinarium Hohenwarth mit 1 ÜN und Transfer ab 169,05 €. Infos und Buchung: weinviertel.at/kellergassenkulinarium

Zu gewinnen

Für das Kellergassenkulinarium am 15. Juli in Paasdorf verlost KURIER ReiseGenuss 1 x 2 Tickets (Beginnzeit 19.30 Uhr). Schicken Sie zur Teilnahme ein Email mit Betreff „Kulinarium“ an: reise@kurier.at

Buchung und Details

Weinviertel Tourismus, Tel. 02552/35 15-0, weinviertel.at. Weitere Infos auf facebook.com/weinstrasse.weinviertel, veltlinerland.at, weinstrasse.co.at oder auf der Weinviertler Heurigen App

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