Wer Musik trotzdem sichtbar machen will, entscheidet sich laut dem Innenarchitekten bewusst für eine alte Jukebox, einen Plattenspieler vom Vintagehändler oder ein sogenanntes Phonomöbel. Dieses Möbelstück dient entweder als Ablage für Lautsprecher und TV-Geräte oder hat Boxen integriert. Ein Beispiel dafür ist „Caruso“ vom italienischen Hersteller Miniforms. Das Sideboard mit Lautsprechern in Form von einer Riesentrompete spielt Lieblingslieder und bietet Stauraum zugleich. „Wir wollten der Musik eine Form geben. Daher haben wir ein Möbel entworfen, das jeder mit Musik assoziiert, auch wenn gar keine Musik läuft“, erklärt Hersteller Miniforms. Das Prinzip des Phonomöbels und der versteckten Musik ist mittlerweile im Mainstream angekommen. Die Lieder erklingen aus Kissen oder Leuchten und können quer durch Haus und Garten getragen werden. Preislich liegen die klangvollen Accessoires zwischen 25 Euro (Kissen) und 275 Euro (Leuchte), Möbelstücke wie Caruso beginnen bei 3.000 Euro.
Wenn Lautsprecher doch im Raum platziert sind, ist ihre Funktion nicht zu erkennen. Sie haben skulpturalen Charakter, sind Kunstobjekte. Eines der ersten Unternehmen, das erkannt hat, wie wichtig die Ästhetik der Lautsprecher ist, ist der dänische Hersteller Bang & Olufsen. „Designer und Akustikexperten arbeiten während des gesamten Entwicklungsprozesses Seite an Seite“, erklärt Geoff Martin, Tonmeister bei Bang & Olufsen. Er selbst sei blind, wenn es um die Optik der Lautsprecher geht und denke nicht an Formen und Farben, wenn er am optimalen Klang arbeitet. „Daher ist eine enge Zusammenarbeit der beiden Bereiche umso wichtiger“, sagt Geoff. Ein Beispiel dafür sei Beoplay A9 (S. 11). Dabei wollte Designer Øivind Alexander Slaatto „etwas, das aus allen Winkeln schön ist“ kreieren. „Inspiration waren Klang und Musik. Der Speaker ist als Kreis gestaltet, weil sich auch der Schall in Kreisen ausbreitet“, erklärt der Designer.
Auf diese Nachfrage reagieren auch österreichische Hersteller wie Poet Audio. Bereits seit sieben Jahren produziert das Unternehmen in Graz Lautsprecher in besonderer Form. Markus Platzer, Gründer und CEO: „Als ich angefangen habe, hat es nur große, sperrige Anlagen mit gutem Sound oder kleine Boxen mit schlechtem Klang gegeben.“ Diese Marktlücke wollte er schließen. Daher hat er sich mit dem österreichischen Designer Thomas Feichtner zusammengetan. „Wir haben einen schönen Einrichtungsgegenstand kreiert, der gleichzeitig ein elektronisches High-End-Gerät ist“, sagt Platzer. Seiner Meinung nach gehe die Optik der Lautsprecher eindeutig in Richtung Skulptur oder Objekt im Raum.
Dabei spielt auch das Material eine große Rolle. Während Poet Audio „niemals Plastikspritzguss, sondern hochwertiges Holz und Stahl“ für den Bau der Lautsprecher verwendet, greifen die Hersteller von mo sound zu Porzellan. „Das Material ist sehr hart, dicht und hat wenig Eigenschwingung. Daher eignet es sich sehr gut“, erklärt Xiane Kangela von mo sound. Außerdem sei es edel und neben technischen Vorteilen auch optisch sehr schön. Seit 2011 tüftelt ihr Chef Ronald Jaklitsch an den perfekten Lautsprechern in der Kirchengasse in Wien-Neubau. Er hat sich für eine Kugel entschieden, weil sich die organische Form gut für Lautsprecher eignet. Für die kleineren Varianten kommt das Porzellan aus Weimar, die Lautsprecher in Fußballgröße stellt Augarten Porzellan in Wien her. Kangela: „Das waren die einzigen, die diese Größe ohne Risse produzieren konnten.“
Was die Entwicklung der Lautsprecher angeht, so richtet sich mo sound weniger nach dem Markt, sondern versucht „Produkte zu entwerfen, die auch einer technisch affinen Zielgruppe Freude bereiten.“ An dieser Stelle treffen sich Musiker und Lautsprecherhersteller. Schließlich geht nichts über das Gänsehautgefühl, das durch den ganzen Körper fährt, wenn die ersten Töne eines richtig guten Songs erklingen.
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