Sängerfest im Baltikum: Den Weltfrieden herbeisingen

Bitte lächeln: Eine Volkstanz- und Sängergruppe tritt beim litauischen Sängerfest in Vilnius auf.
Zusammenfassung
- Die „singende Revolution“ von 1989 half den baltischen Staaten, ihre Unabhängigkeit von der Sowjetunion zu erlangen.
- Massive Sängerfeste, von UNESCO als immaterielles Kulturerbe anerkannt, bewahren das kulturelle Erbe der Region.
- Das nächste große baltische Sängerfest findet vom 3. bis 6. Juli 2025 in Tallinn, Estland, statt.
Der 23. August 1989 war der Anfang einer neuen Weltordnung – zumindest für die drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen, damals Teil der Sowjetunion. Zwei Millionen Menschen reichten einander die Hände, bildeten eine 650 Kilometer lange Kette und stimmten verbotene patriotische Hymnen an. Diese „singende Revolution“ ging als Zeichen des gewaltfreien Widerstands in die Geschichte ein: Kraft ihrer Lieder konnten die drei baltischen Staaten der Sowjetunion die Unabhängigkeit abtrotzen. Heute sind sie EU-Musterschüler und überzeugte NATO-Mitglieder.
Gemeinsames Tanzen und Musizieren hielt schon immer Kultur und Sprache in Zeiten staatlicher Nichtexistenz und Unterdrückung am Leben; es dient(e) der Stärkung der Identität und des nationalen Bewusstseins. Das umfangreiche Liedgut wurde großteils mündlich überliefert: Allein in Lettland werden fast zwei Millionen verschiedene Dainas archiviert – so viele, wie es Einwohner gibt. Lieder voll Schmerz, Schwermut und Sehnsucht nach einer heilen, freien Welt. Themen sind das Leben, die Natur, Mythologie, Familie, Liebe – teils rührend naiv dargestellt.
Zehntausende Teilnehmer
Gewaltige Sängerfeste mit Zehntausenden Musikern und Tänzern halten dieses musikalische Erbe am Leben. Auf Estnisch heißen diese musikalischen Großevents Laulupidu, auf Lettisch Dziesmu Svētki und litauisch Dainų Šventė, das erste Liederfest fand 1836 in Riga (Lettland) statt. Seit 2008 sind sie UNESCO immaterielles Kulturerbe der Menschheit.
Naturarena
„Kleinere“, nationale Sängerfeste finden alljährlich statt, zuletzt im Juli 2024 in Vilnius, der Hauptstadt Litauens: „Klein“ bedeutete hier: vierzehn Veranstaltungen (Open-Air in Natur- und Waldarenen sowie in Konzerthallen) mit insgesamt 37.000 aktiven Musikern und Tänzern. Das größte Event, der Song Day im Vingis-Park, wurde von 70.000 Zuschauern verfolgt. Nicht nur Einheimische, auch Touristen haben diese einmalige Atmosphäre voll Frieden und Freude längst für sich entdeckt.
Riga Lettlands Hauptstadt hat zwei historische Gesichter: die Altstadt mit hanseatischer Backsteingotik und das Gründerzeitviertel mit 800 Jugendstilhäusern. liveriga.com/de
Tallinn Die Altstadt ist mit engen Gassen, Stadtmauer, Wehrtürmen und Domberg Mittelalter pur. visittallinn.ee
Vilnius Litauens Hauptstadt ist am wenigsten touristisch. Das „Rom des Nordens“ hat rund fünfzig Kirchen und eine bunte Kulturszene. govilnius.lt
Die ganz großen, länderübergreifenden baltischen Sängerfeste steigen alle drei bis fünf Jahre – nämlich genau jetzt von 3. bis 6. Juli 2025 in Tallinn/Estland, Infos: 2025.laulupidu.ee/en. Im Juli 2028 folgt Riga. Tickets für Tallinn gibt es auf visitestonia.com/de/xxviii-liederfest-und-xxi-tanzfest.
Ein absolutes Muss für jeden Musikfreund.
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