Polterabend mal ganz anders: Natur statt Klischee im Gesäuse

Rafting im Nationalpark Gesäuse
Wie vier Mädels Junggesellinnenabschied am Berg im Nationalpark Gesäuse statt in der Bar feiern.

Ein Hundekopf, dessen Glupschaugen an zwei weibliche, sekundäre Geschlechtsmerkmale erinnern. Daneben: „Der AV Sipbachzell wünscht viele bergbegeisterte Kinder.“ Nur ein männliches Glied findet man am T-Shirt nicht. Obwohl darauf gewettet wurde, dass sich jemand diesen Spaß erlauben würde.

Pinke Tütüs und Plastik-Haarreifen mit billigem Schleier, Frauen mit glitzernder Scherpe, auf der groß „Team Bride“ gedruckt ist, kleine Bauchläden voller Schnapsfläschchen, die die Eheaspirantin verkaufen muss – wo steht geschrieben, dass Junggesellinnenabschiede so ablaufen müssen? Immer häufiger wird zu entspannten, oft auch antialkoholischen Bachelor(ette)partys in kleiner Runde und ohne Eskalation geladen, ein Dauerbrenner sind Thermenaufenthalte. Aber auch ein Wochenende in den Bergen ist ein guter Tipp. Zum Beispiel im Nationalpark Gesäuse.

Einmal anders feiern

In diesem Fall heißt die Braut Anna-Lena, 26 Jahre jung, Forstwirtin, und am Samstagvormittag lieber in der Natur als verkatert im Bett. So geht es Samstagsfrüh in kleiner Mädelsrunde los, Ziel ist das Gesäuse im Drei-Länder-Eck Steiermark, Niederösterreich und Oberösterreich. Der Plan: eine entspannte Wanderung zur Hesshütte und dort die Nacht verbringen. Nach dem Frühstück geht es hinunter zum – Überraschung – Rafting auf der Salza. Statt pinker Haarreifen gibt es geblümte Kappen, ein bisschen Kitsch muss sein.

Polter-Kollegen

Auf dem Weg hinauf wird heftig diskutiert: über die neuesten Hochzeitstrends – „jeder hat jetzt Candybars“ – und die unangenehmsten Fragen, die den Eheleuten in spe schon vor der Hochzeit gestellt werden: „Na, bereut ihr es schon?“ Auf der Hütte warten Bier und Zirbenschnaps – und wie es der Zufall wollte, eine Weinverkostung. Wein auf 1.600 Metern Seehöhe vor einer unschlagbaren Gebirgskulisse. Winzer Johann Sternat füllt die Gläser auf. Danach geht der Abend gleich beschwingter weiter.

 Junggesellinnenabschied Nationalpark Gesäuße Österreich Reise Hesshütte Wanderung

Aufstieg zur Hesshütte auf rund 1.700 Meter, wo der Zirbenschnaps schon wartet

Ganz ohne Peinlichkeiten kommt auch dieser Junggesellinnenabschied nicht aus: Anna-Lena wird mit einem weißen T-Shirt und Filzstiften ausgestattet und durch die Hütte geschickt. Glückwünsche, Zeichnungen, alles ist erlaubt. Ein Vorarlberger probiert es mit einem Witz: „Treffen sich zwei Regenschirme. Sagt der eine: Wie wird das Wetter morgen? Sagt der andere: Weiß nicht, aber ich bin schon gespannt.“

Anreise: mit dem Zug über Liezen oder Ardning nach Johnsbach im Nationalpark. oebb.at

Gesäuse Der Nationalpark  in der Steiermark ist der drittgrößte in Österreich.  Zahlreiche Wanderwege und Hütten warten. nationalpark-gesaeuse.at

Hesshütte
Die Hütte erreicht man wandernd von Johnsbach  in drei Stunden. Matratzenlager, Mehr- oder Zweibettzimmer, ab 15€/27€ für Alpenvereinsmitglieder/Nichtmitglieder. Geöffnet ab 29. Mai bis Oktober

Rafting Camp Palfau Rafting und Canyoning auf Salza und Enns, ab 73 € p. P., 
raftingcamp.at, Tel.: 43 3638240

Wir sind nicht die einzige Polterrunde: Am Nebentisch sitzt eine doppelt so große, gut gelaunte Männergruppe, die sich bereitwillig mit mehr und weniger anrüchigen Tierzeichnungen auf dem T-Shirt verewigt. „Unser Kevin heiratet auch!“, brüllt der Trauzeuge durch die Stube. Daraufhin werden Hochzeitseinladungen und Schnäpse ausgetauscht.

Männer schreiben auf ein Tshirt der Braut in einer Berghütte

Einer nach dem anderen verewigt sich auf dem T-Shirt

Abkühlung in der Salza

Gestärkt geht es am nächsten Tag hinunter. Es ist heiß, die Braut schlägt unwissend vor, noch schwimmen zu gehen. Doch Nici vom Rafting Camp Palfau wartet bereits mit den Neoprenanzügen, denn die Salza ist selbst in der warmen Jahreszeit frisch. Anna-Lena sitzt vorne, und wir rudern mit aller Kraft, Oberkörper nach vorne, und das Paddel zurückziehen. Dann kommt eine Wendung und eine Welle bricht ins Boot. Die Braut wird ordentlich nass.

Junggesellinnenabschied T-Shirt bunt bemalt im Nationalpark Gesäuße

Die Braut ist mittlerweile unter der Haube, das T-Shirt gibt es immer noch. 

Das Wochenende endet im Gasthaus in der Nähe, erschöpft, aber zufrieden. Noch einmal wird das T-Shirt mit den Glückwünschen herumgereicht. Ein Niederösterreicher hat erst gescherzt: „Was soll ich schreiben? Tu’s nicht?“. Ein Edelweiß ist es geworden. Mit dem Zusatz: „Mach’s unbedingt!“

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