Elba-Überquerung: schräges Wandern mit Berg, Meer und Geschichte

Insel Elba Meer Wanderweg
Die italienische Insel Elba ist für Bergbau, Strand und Napoleon bekannt. Und für die Insel-Wanderung GTE, die nicht ausgereift ist.
  • Die Grande Traversata Elbana (GTE) ist ein 58 Kilometer langer Wanderweg auf Elba mit beeindruckenden Ausblicken, der in drei Tagen absolviert werden kann.
  • Die Wanderung bietet eine Mischung aus anspruchsvollen und leichteren Etappen, aber es gibt keine Infrastruktur oder Verpflegung entlang der Strecke.
  • Der Weg führt durch Nationalparks, vorbei an historischen Stätten wie Napoleons Quelle, und endet nach einem Aufstieg auf den Monte Capanne an der malerischen Küste.

Alles beginnt am Meer und endet am Meer. Dazwischen liegen drei Tage. Dazwischen liegen fast sechzig Kilometer. Grandiose Ausblicke liegen dazwischen, denn wenn man auf dem Bergkamm einer Insel geht, sieht man das Meer sie von den Seiten umklammern, als wären es zwei Meere, dabei ist es immer das Tyrrhenische. Man sieht hier das italienische Festland und dort das französische Korsika, auch sieht man das literarische Eiland Montecristo und so viele andere Inselchen des Toskanischen Archipels, dass man glaubt, es gehört einem die Welt. Oder zumindest die Wälder, denn in diesen knapp dreißig Wanderstunden ist man oft im Inseldschungel unterwegs.

Meer Hafen Cavon Marienstatue

Bild 1 am Hafen von Cavo

Wenn man nach dieser Wanderung am Meer steht, dem Tyrrhenischen, weiß man vielleicht nicht recht, ob man sie gut gefunden hat. Ihre Etappen sind teils schön und ambitioniert, teils aber Spazierwege, insgesamt zu indifferent, um als großes Trekking berühmt zu werden. Aber erstens ist es ein Highlight, eine italienische Insel durchwandert zu sein. Und zweitens wusste man das ja noch nicht, als man am Meer begann – im Hafen des Städtchens Cavo, im äußersten Nordosten von Elba.

MAusoleum

Bild 2: das Mausoleum

Tag eins: der Grat

Man startet dort am besten, sobald sich die Sonne zwischen die Insel Palmaiola im Hinter- und die Marienstatue (siehe Bild 1) im Vordergrund drängt. Denn der Tag wird lang und mit jeder Stunde heißer. Anfangs zieht der Weg ja durch den Wald, vorbei am fünfzehn Meter hohen Mausoleo Tonietti (2), das mit seiner Jugendstil-Zierde und Steinfratzen vollkommen deplatziert im Dickicht steht. Im Prinzip ein Hinweis auf das, was da kommt ...

Wanderung am Grat

Bild 3: Gratwanderung

Der GTE, komplett: Grande Traversata Elbana, wurde erstmals in den 1980ern initiiert. Er sollte als Wanderweg an den großen Trekkinghype auf dem benachbarten Korsika anschließen. Als Ziele definierte man jene Orte, in die damals schon Busse fuhren. Auf die gute Idee folgte wenig Akribie, weshalb es bis heute weder Infrastruktur noch Verpflegung entlang der Strecke gibt. Aber seit ein paar sehr engagierte Insulaner dem GTE vor einigen Jahren eine Beschilderung wie in einem Verkehrskindergarten verpasst haben, steigt das Interesse. Begehbar ist er in beide Richtungen, die meisten starten aber im Osten.

Insel Elba Meer Wanderweg

Vom Kammweg auf der Insel Elba sieht man von allen Seiten auf das Meer.

Eine gute Stunde nach dem Spuk-Mausoleo erreicht man schon das Filetstück des GTE: Auf dem Monte Grosso macht jeder sein Foto, Elbas Hauptort Portoferraio liegt einem in perfektes Meerblau gebettet zu Füßen. Es folgen einige Gipfel, oder Gupfe, eine Gratwanderung (3) eben. Ansehnlich sind neben kleinen Nachbarinseln, oder Nachbargupfen, die Dörfer, deren terrakottarote Dächer aus bewaldeten Hängen blitzen. Bei diesem Blick wird einem zunehmend ein Problem des GTE bewusst: Weil der Weg fast ausschließlich im Nationalpark verläuft, gibt es keine Unterkünfte entlang der Strecke. Man muss zum Etappenschluss also immer absteigen – und wieder aufsteigen. Gut, dafür kann man abends beim Quartier ins Meer hupfen. Ein gutes, weil zentral gelegenes Quartier ist „Camping Valle Santa Maria“, von wo man mit dem Taxi zu allen Etappenstarts und -enden kommt.

Elba-Überquerung: schräges Wandern mit Berg, Meer und Geschichte

Bild 5: viel Inselnatur

Gegen Ende des Grattages liegt die Halbinsel Calamita vor einem, samt dem hübschen Capoliveri. Dessen Besuch lohnt beim Elba-Besuch ebenso wie ein Gang unter Tage, in die Minen von Calamita. Denn „Elba“ leitet sich aus dem Lateinischen ab und bedeutet „strahlend hell“ – weil schon in Römerzeiten hier die Feuer des Erzabbaus glühten. Abgebaut wird heute nicht mehr, aber die Geschichte wird gut erzählt – teilweise ist sie traurig.

Wegweiser Bonaparte

Bild 6: Bonapartes Kopf

Gegen Ende des ersten Tages verlässt man den Kamm, es beginnt das Mittelstück des GTE – sein größtes Problem.

Hafen Portoferraio

Bild 7: Gute Übernachtung vor der dritten Etappe in Portoferraio, der Inselhauptstadt von Elba

Tag zwei: der Wald

Das Inselinnere ist erst auf den zweiten Blick einen Wandertag wert, so ehrlich muss man sein. Die meiste Zeit verbringt man auf Forststraßen (4), wobei es immer wieder parallel führende Pfade gibt. Dort entdeckt man dann die Hübschheit der Macchia (5), wie das Dickicht der Insel heißt – ungewöhnliche Blüten und Schmetterlinge, knorrige Wälder von Steineichen, duftende Wildkräuter, die verfallene Mühle Poggio del Mulino a Vento. Und ja, das ergibt einen Reiz, einen ruhigen, der nicht zu den bergigen Wanderungen davor und danach passt, sondern anders schön ist.

Geröll

Bild 8: Durchquerung von Plattensteinen und Geröllfeldern

Zunehmend mischt sich hier Napoleon Bonapartes Kopf (6) auf die Wegweiser. Denn in Poggio liegt die Quelle Fonte Napoleone. Das Wasser daraus hat einerseits angeblich heilende Wirkung, andererseits trank der kleine Größenwahnsinnige angeblich selbst daraus, als er ab 1814 für knapp ein Jahr auf Elba im Exil war. Sowohl Quelle als auch seine Residenz Villa San Martino in Portoferraio sind hübsche Touristenziele.

Steinhaus

Bild 9: Hirten-Unterschlupf aus Stein

Dass Napoleon die Insel schon nach einem Winter verließ, lag nicht am strengen Winter. Der ist auf Elba so, dass man den GTE auch von Oktober bis Mai gehen könnte – da wäre man sogar weniger der oft beißenden Sonne ausgesetzt. Aber die Tage sind dann kurz. Und man muss – je nach Tempo – für die Etappen, die sich ziehen können, mit sechs bis zwölf Stunden rechnen. Apropos rechnen: Viel Wasser sollte man ebenfalls kalkulieren, es gibt nur eine Quelle am ganzen Weg.

Elba-Überquerung: schräges Wandern mit Berg, Meer und Geschichte

Tag drei: der Gipfel

Die meisten der zweitausenddreihundert Höhenmeter, die man entlang des GTE aufsteigt, macht man am dritten Tag. Zur Klarstellung: Man steigt all diese Höhenmeter auch wieder ab, weshalb Wanderstöcke eine gute Idee sind. Denn auf dem zweiten Highlight des GTE, dem Monte Capanne (11) wird es alpin. Mit 1.019 Metern ist er der höchste Punkt Elbas und der (leicht) bergsteigerische Teil der Wanderung.

Seilbahn

Bild 10: schräge Seilbahn auf den Monte Capanne

Nachdem man die schönen Wälder ab dem Monte Perone (7) in stetigem Aufstieg durchstriffen und die Geröllfelder (8) mit hübschem Farn überstanden hat (bei Regen rutschig!), muss man sich zweimal entscheiden:

Ausblick auf Grat

Viele Momente zum Lächeln: tolle Blicke auf das Meer rundherum

Zunächst einmal, ob und wie man auf den Gipfel will: Der GTE läuft hundertfünfzig Meter darunter am Berg entlang, aber man kann a) über einen versicherten Steig (leichtes Klettern) oder b) über einen Pfad den Umweg machen. Oder aber c), denn: Man erreicht den Gipfel auch mit der originellsten Seilbahn (10), die das Mittelmeer zu bieten hat: Die käfighaften Zweierkabinen brauchen exakt achtzehn Minuten hinauf.

Anreise Elba hat kaum Flugverkehr, am besten reist man per ÖBB-(Nacht)Zug oder per Austrian-Flug  nach Florenz (oder Pisa), dann mit dem Zug nach Piombino Marittima und per Fähre (mobylines.it; blunavytraghetti.com; toremar.it) nach Elba.

Unterkunft Neben vielen Hotels u. Ferienwohnungen ist auf Elba Camping sehr verbreitet. Empfehlenswert (und mit Europ. Umweltzeichen prämiert) ist „Camping Valle Santa Maria“ in Lacona mit perfektem Familien-Strand, sehr gutem Strandrestaurant „Miramar“ und auch Appartements, Info: vsmaria.it

Restauranttipps
– La Finca/Lacona: Ess-Erlebnis in einem Garten, nur nach telefonischer Reservierung unter +39 340 862 22 86
– Officina Gondolino/Pomonte: am Wasser und außergewöhnlich gute, italienisch-maritime Küche, keine Website, Tel. +39 328 886 70 55

58 Kilometer ist die „Grande Traversata Elbana“ (GTE) lang, tolle Blicke, gut machbar in drei Etappen. Info/Karte z. B. auf komoot.com

Internetlinks visitelba.it; italia.it; gute Infos (auch zu GTE) auf infoelba.net

Aber dazu muss man sich schon davor für die Weiterführung des GTE Richtung Norden entscheiden. Denn die Seilbahn-Talstation liegt neben Marciana, einem schönen Bergstädtchen, auf dem Weg dorthin passiert man schöne Wälder und Hirtenschutzsteinhaufen (9).

Gipfel

Bild 11: Der Monte Capanne ist mit 1.019 Meter der höchste Punkt auf Elba

Wenn man sich auf dem Pass unter dem Gipfel aber für den Süden und damit die Felsküste von Pomonte als Ziel entscheidet, landet man nach einem langen Abstieg am Spiaggia del Calello e Cala Maestrale (12), wo die Wellen malerisch wie nirgendwo sonst die Granitbrocken abschleifen und wo manche zu mutige Touristen gnadenlos von ihnen begossen werden.

Strand Felsen

Bild 12: Die Spiaggia del Calello e Cala Maestrale in Pomonte ist ein genialer Schlusspunkt der Wanderung

Und hier kommt man drauf, dass diese Wandertage vielleicht doch auch sehr toll waren. Und welche Gedanken auch immer einem hier durch den Kopf gehen, mit einer Inselüberquerung im Nacken und diesem gemalten Sonnenuntergang im Blick, das muss wahr sein.

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