Der Steilhang ist gemeistert, das Gelände wird flacher, das Herz beruhigt sich. Am Ende des Tages gleitet man auf einem sanften Forstweg Richtung Windautal, der einzige Begleiter ist die Windauer Ache. Das Wasser rauscht kraftvoll, es hat kaum Zeit, sich als Eiszapfen zu manifestieren. Was Wastl nicht ahnt: Der Fluss trägt Mitschuld, dass es abends keine Sauna für die Skitourengruppe gibt, die dringend nötig wäre, um die schlappen Muskeln auf morgen vorzubereiten. Wastl hat das Singen eingestellt und weist bei jedem Stopp auf die Finnische im Gasthaus Steinberg hin. „Das gönnen wir uns, das tut gut.“ Dann, auf der Terrasse, erklärt die Bedienung: Die Sauna ist Geschichte, weil das Gasthaus kürzlich ein Wasserkraftwerk gebaut hat, dessen Strom nur für Licht und Küche reicht. Die Kellnerin entschuldigt sich bei Wastl, dass die Info nicht weitergegeben wurde. Ernüchterung macht sich breit. Aber: Es bleibt die einzige Enttäuschung der Woche.
Vereinfacht gesagt durchqueren KAT-Teilnehmer den Kitzbüheler Gebirgszug von West nach Ost. Man steigt in Hopfgarten ein, feiert das Finale Fieberbrunn. Dazwischen verkehrt eine gut getaktete Zuglinie, die die Rückkehr zum Ausgangspunkt einfach macht. Wenn der Schnee in Talnähe nicht reicht, ist hin und wieder ein Taxi nötig, um zum Start- oder Endpunkt einer Tagestour zu gelangen. Was auch passieren kann: Schneeschnüffler Wastl macht eine spontane Planänderung, weil er von einem Kollegen gehört hat, dass die Bedingungen einen Berg weiter besser sind. Dann weicht man ein Stück von der geplanten Linie ab, kommt dafür aber in den Genuss perfekten Pulverschnees. Das ist der Fall, wenn es länger keinen Niederschlag gegeben hat und die gängigen Routen verspurt sind. So bringt an Tag vier ein Schneemobil die Teilnehmer ins Schneeparadies. Technische Unterstützung gehört zum Programm. An zwei Tagen sind Freeride-Touren vorgesehen, die auch der Erholung dienen sollen. So geht’s in Fieberbrunn auf der Suche nach dem perfekten Hang mit Sessellift und Co. in die Höhe. „Endlich Sauna“, ruft Wastl und jagt den finalen Hang hinunter.
Die Unterkünfte: 4-Sterne-Hotels, Gasthöfe und eine Alpenvereinshütte. Das hat Charme, man lernt die Bandbreite kennen, die die Region zu bieten hat. Die Tour hat zwar einen prominenten Namensgeber, die Orte und Täler sind aber Gegenentwürfe zu Kitzbühel. Westendorf und Aschau kann man als No-go-Area für Champagner-Schlürfer und Pelzmantel-Träger bezeichnen. Auch Wastl ist mehr Bier- denn Champagner-Freund. Der 68-Jährige ist seit Jahrzehnten zu Fuß oder per Ski in den Bergen unterwegs. Sein Credo abseits der Piste: „Macht nicht nach, was ich vormache.“ Während einige am Gipfel eine kräftige Tiroler Jause auspacken, ernährt er sich von Schoko, Keksen und Äpfeln. „Von Speck und Wurst krieg ich Durst.“ Das kann sich Wastl nicht leisten, in seinem Rucksack ist kein Platz für Getränke. „Ich kann den ganzen Tag nichts trinken. Dafür schmeckt das Bier am Abend umso besser.“
Ist der Durst gestillt, erzählt er Geschichten. Es hat Jahre gegeben, da habe er nur zehn Wochen in Tirol verbracht. Ein Wunder, dass Zeit blieb, mit Freunden musikalische Auftritte hinzulegen. Wastl an der Posaune. Wenn er Luft geholt hat, hat er ein Gstanzl geträllert. „Heut’ sing ich nur noch auf dem Berg.“
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