Ein rhythmisches, dichtes Loblied auf Narren

Zwei Männer stehen bzw. sitzen an einem Tisch vor einer Weltkarte.
"Yorick stirbt" im Wiener Echoraum: Die wahren Abenteuer finden auf der Bühne statt.

Einerseits erdig mit breitem Besen den Boden kehrend, andererseits hochphilosophische Gedanken von sich gebend: „Das vollkommen Simultane ist das Nichts ...“ schon zur Einleitung. Ein Schuss Melancholie durchzieht die Szenerie.

Drei Männer posieren vor einer Weltkarte, einer hält einen Schädel, einer ist als Hitler verkleidet.
Der Direktor vor dem noch geschlossenen roten Samtvorhang philosophiert nicht nur, er resümiert Stationen seines Theaterlebens von den Tankern Burg bis großen Namen der Avantgarde wie Strasberg, Grotowski, Strehler, Savary... oder die Flucht in freie Szenen, die Gründung eigener Häuser – verbunden mit der Zuständigkeit für alles – vom Kloputzen bis zur Buchhaltung. Nach 40 Jahren nun Aus, Ende, Schluss. Ankündigung an das p.t. Publikum, viel mehr aber an sich selbst. Natürlich darf jene Rolle nicht fehlen, für die Hubsi Kramar, der den abtretenden Direktor mimt und dessen/sein bisheriges Theaterleben auch Revue passieren lässt, auch über die Bühne hinaus bekannt wurde: Indem er als politisches Statement gegen die blau-schwarze Regierung am Opernball in die Rolle Hitlers schlüpfte.

Starker Rhythmus

Ein Mann umarmt einen gefesselten Mann vor einer Weltkarte.
Und was ein Theatermensch mit Leib und Seele ist, der muss auch das Ende inszenieren. Vorhang auf, Dichter ( Markus Kofler) und Schauspieler (Daniel Doujenis) sitzen einander auf zwei Sesseln an einem Tisch gegenüber. Darauf ein Berg Manuskripte. „Das Ende jeder Aufführung ist eine Leiche, deren Seele eine Reise durch die Körper der Zuschauer macht“, zitiert der Schauspieler einen Satz des Dichters, in dem dieser Jan Fabre zitiert, weil er ihn „hier adäquat“ fand. Es dreht sich ja alles ums Ende.

Im Hintergrund eine auf alt gemachte Weltkarte. Sie ist ein Zitat – aus „Der Weltintendant – Eine Über-setzung“, einem der Stücke des Autors Joachim J. Vötter, von dem auch des hier nun gegebene „Yorick stirbt“ stammt. Wie alle Stücke des langjährigen Metal-Band-Musikers, der von den Lyrics kommend zum besessenen Schreiben von Drama- und Prosatexten kam, ist auch dieses dichtest – und stark rhythmisch. Eine Rhythmik, die auch gesetzte gefühlte lange Pausen beinhaltet. Eine Rhythmik, die die Konzentration angesichts des dichten Textes relativ leicht aufrechterhalten lässt.

Es leben die "Narren"!

Ein Mann mit Clownsnase und Partyhut in Uniform vor einem roten Vorhang.
Der Bogen des rund 75-Minuten-Stücks, das drezeit im Wiener Echo-Raum gespielt wird, ist breit. Zum einen handelt "Yorick stirbt" vom Ende eines Theaters, seines Direktors, samt Zerstörung von Bühnenbildern und speziell dieses, die Erde zeigende, und damit der Vernichtung der Welt samt dem Bild von einer Arche Noah für Gedanken. Zum anderen spielen Querelen, Animositäten, Eifersüchteleien, grundlegend unterschiedliche Herangehensweisen an Kunst, Kultur im Allgemeinen und natürlich Theater im Besonderen eine große Rolle. Dazu gesellt sich ein Loblied auf "Narren" (Yorick ist der tote Schädel des Hofnarren, auf den in Shakespears Hamlet zwei Totengräber stoßen). Gewürzt wird mit einem fast songartigen Spiel um Lieblingsworte – SimSalaBim, Picadilly, Zwergkorkenzieherakazie.

Positive Umdeutung

Und trotz vielfacher Endzeitstimmung schwimmt auf einer Ebene viel Optimismus, der im Zitat aus einem früheren Stück („Schreber – eine Nervenromanze“) gipfelnd die Formulierung „sich das Leben nehmen“ vom Negativen ins Positive kehrt: Das Leben NEHMEN! Im Sinne von in die Hand nehmen, selbst darüber bestimmen...

Vier Männer posieren vor einer dunklen Wand für ein Gruppenfoto.
YORICK STIRBT
Autor: Joachim J. Vötter
Regie, Raum und für dramagraz bearbeitete Fassung: Ernst Binder

Es spielen:
Theaterdirektor: Hubert Kramar
Schauspieler: Daniel Doujenis
Dichter: Markus Kofler

Ausstattung: Vibeke Andersen
Licht: Geari Schreilechner

Wann & wo?
Bis 28. März, 20 Uhr
Echoraum
1150 Wien; Sechshauser Straße 66
Kartenreservierung: echo@echoraum.at
Telefon: (01) 812 02 09 30

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