Utopia an Erde: Ganz schiach verrückt!
Foto: Roman Picha
Sie nahm Außerirdische, von denen einer namens Dalek auf der Erde landet, sich hier umschaut und für seinen Heimatplaneten namens Utopia berichtet. So manches das ihm Xeron hier zeigt und das den meisten auf der Erde „normal“ vorkommt, scheint für ihn eigenartig, komisch, verrückt. Und ist es in Wahrheit auch. Beispielsweise sieht er in Las Vegas nicht nur blinkende, bunte Lichter, was ihn beeindruckt, sondern auch Gebäude, genannt Casino, in denen um Geld gespielt wird. Und gleichzeitig auf der Straße Menschen, die nicht einmal Schuhe und nur zerrissene Kleidung haben, weil sie über kein Geld verfügen.
Vielsprachig
„Abflug in 10 –9 – 8 … Meine Nachricht an die Erdlinge: Wenn ihr was in der Welt verändern wollt, dann macht den ersten Schritt und fangt mit euch selbst an! … 3 – 2 – 1 …“
„Geist und Geld“ lautete dieses Jahr das Bewerbsmotto. Vielfältig wie die jugendlichen Schreiberinnen und Schreiber natürlich auch die allesamt sehr bemerkenswerten Geschichten, die professionell von Mitgliedern des Schauspielensembles des Burgtheaters in der Spielstätte Kasino am Schwarzenbergplatz vorgetragen wurden. Vielfältig wie die jugendlichen Schreiberinnen und Schreiber natürlich auch die allesamt sehr bemerkenswerten Geschichten. Auffallend auch, dass einige auf ganz unterschiedliche Weise, etwa auch die Flüchtlingsfrage aufgriffen, unter anderem in „Die Reise ins Paradies“ von Lola Giljon.
Zum Paradies?
„Mama, wohin fahren wir?,“ frage ich. „In den Frieden, in unser neues Zuhause‘‘, antwortet sie und hüllt mich mit ihren weichen Worten in eine warme Decke, beginnt sie die Erzählung von Koumail, die schwarz und dunkel im Mittelmeer endet. Die 14-jährige Autorin aus dem BRG 19, Krottenbachstraße „war geschockt von den vielen Berichten in Medien über Flüchtlinge auf zu kleinen Booten, die ertrunken sind. Darum wollte ich unbedingt darüber meinen Finaltext schreiben“.
Den vielleicht spannendsten Zugang zu diesem aktuellen Thema lieferte wohl der 14-jährige Yona Schuh aus dem GRG 17, Parhamerplatz, mit „Zwischenzeit“. Seine Hauptfigur ist ein älterer Herr namens Heinrich, der Besuch von einer Studentin bekommt, die einen Nebenjob bei der Pensionsversicherung hat. Als ihr an einer seiner Wände eine Kinderzeichnung mit einer Sonne ins Auge sticht und sie die anspricht, beginnt er sich zu erinnern und erzählt, dass ihm die seine damals kleine Schwester geschickt hat. Als Ingenieur hatte er an einer Bahnlinie von Turkmenistan nach Afghanistan gearbeitet.
Brückenschlag
„Können Sie die Sprache noch? “, fragte sie. „Meinen Sie Dari? – Ich habe sie schon lange nicht mehr verwendet, aber ich glaube, ich könnte mich noch verständlich machen.“
Der Text bracht dem Autor nicht nur den dritten Platz der Jury ein, sondern auch die meisten Stimmen beim Online-Voting – bevor die Fachjury entschieden hatte. „Ich schreibe schon immer, seit der Volksschule, meistens ganz verschiedene Kurzgeschichten“, legte er – wie die meisten der Final-Autor_innen - seine schon lange währende Schreiblust im Gespräch mit dem Kinder-KURIER dar. Zu „Zwischenzeit“ befragt meint Yona Schuh: „Es waren nicht zuerst die Flüchtlingskinder da und ein anderer Zugang dazu, beide Gruppen, die Kinder und der einsame, fast isolierte ältere Mann waren gleichzeitig als Idee für meine Geschichte da.“
Vergessen
Und hier seien die letzten Absätze des Textes zitiert:
„Sie war nur einen kurzen Moment unaufmerksam, aber dieser reichte aus, dass sich ein Tropfen vom Löffel löste und auf das geöffnete Fotoalbum neben ihr tropfte. An der Stelle, an der der Kaffee die leere Seite küsste, färbte sich das farblose Papier braun.
Sie hatte vergessen, dass sie so Vieles vergessen hatte, aber es gab auch helle Momente, wie diesen. Denn auf einmal wusste sie, dass da keine Fremde mit ihr am Küchentisch saß. Sie stand auf und fiel ihrer Tochter um den Hals.
Einige Sekunden lang verharrte sie in dieser innigen Umarmung, umgeben von mintgrünen, zitronenfaltergelben und schweinchenrosa Post-its und dem sich wiederholenden „Money, money, money, must be funny, in the rich man‘s world“.
Sie hatte vergessen, wieso sie plötzlich so glücklich war. Aber sie war glücklich und nur das zählte.“
Dem KiKu verrät die Siegerin: „Ich habe sehr, sehr lange nachgedacht, welche Geschichte ich schreiben will. Nach vielen, vielen Gesprächen bin ich auf das Thema Alzheimer und Demenz gekommen, das ich verbinden wollte mit der Frage, was ist für mich Geld, was Geist. Und das Bild mit den vielen Post-its ist mir bei einem Fernsehfilm aufgefallen.“
Final-Abo
Mehrdeutig
„In der Volksschule habe ich zuerst so tagebuchmäßig geschrieben, dann Kinderkrimis, so Detektivgeschichten, später Kurzgeschichten“ schildert Pia Feiel (17, GRG 21 Franklinstraße 26) ihre Schreibkarriere bis hin zum vielschichtigen Finaltext „Totalreflexion“, in dem sie mit diesem Wort und seinen mehrfachen Bedeutungen spielt – als Spiegelungen im Fensterglas aber auch kritischem Nachdenken über das eigene Leben.
Scheine und Münzen
Nein. Es gibt kein anderes Papier wie dieses.
Dieses Papier macht uns zu Übermenschen. Es macht uns zu Tieren. Es macht uns zu dem, was wir sind. Es ist die Böe, die den Schleier hebt, der unseren Blick auf die Wahrheit getrübt hat.“
„Der Schein zum (un)glücklichsein“ nannte Felix Steunzer (16, Rainergymnasium) seinen Text in dem er den Ich-Erzähler in die Rolle eines Geldscheines schlüpfen lässt und so kommentierend endet: „Geld spielt in unserem heutigen Leben eine große, unersetzliche Rolle. Es sorgt dafür, dass man Menschen, die einem wichtig sind, eine Freude machen kann. Es sorgt aber auch für Hass, Neid und Gier. Welcher Geist wohnt im Geld?“
Stephanie Tschulik (16, Rainergymnasium) baut ihre Geschichte rundum eine Münze auf, die sie sozusagen personalisiert, die auf der die Zahl 86.523 geprägt war und die das Leben von Karl und Margarete verbindet.
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