Wie viel Philosophie brauchen wir?

Eine große Gruppe von Menschen sitzt in einem Publikum.
Sollte es mehr Freiräume für hinterfragen und nachdenken in den Schulen geben?

Würde es der Schule, dem Bildungssystem gut tun, wenn in jeder Schule ein Philosoph/eine Philosophin herumgehen würde, und Lehrende und Lernende ansprechen würde, um sie in ein Gespräch zu verwickeln? Das wollte Moderator Alois Schörghuber (Ö1) eingangs von seinen beiden Podiumsgästen - Daniela G. Camhy (Leiterin des Instituts für Kinderphilosophie Graz) und Manfred Rühl (Pädagoge und praktischer Philosoph) sowie von den rund 110 Jugendlichen und ihren Lehrpersonen aus Klagenfurt und Villach bei der jüngsten „Standpunkt“-Diskussion (KURIER, ORF, Bildungsministerium) wissen.

Keine Zeit!?

Ein Publikum sitzt während einer Veranstaltung in einem Saal.
Wär schon ganz gut, vieles zu hinterfragen, nicht alles als gegeben hinzunehmen, über so manches nachzudenken, aber.. und dieses „aber“ wiederholte sich in verschiedenen Variationen, lief aber fast immer auf dasselbe hinaus: Es sei viel zu wenig Zeit, die Pausen zu kurz, der Lehrplan, nicht zuletzt im Hinblick auf die Vorbereitung für die neue standardisierte Zentralmatura, zu dicht. Es gebe zu wenig Freiräume zum Nachdenken – so der Tenor der Teilnehmer_innen aus den SchulenBG/BRG Mösslingerstraße, Fachberufsschule für Tourismus Warmbad Villach, NMS-Annabichl, BG Lerchenfeld, BG Tanzenberg und RG/ORG St. Ursula.
Ein junger Mann spricht in ein rotes Mikrofon vor einem Publikum.
Franziska von der Mössingerstraße warf unter anderem die Frage auf, weshalb es denn in der Schule zu wenig Freiräume zum (nach-)denken gebe.
„Naja“, gabMartinaus der Tourismusschule zu bedenken, „wenn ich so schaue und seh, dass in der Pause jeder Zweite nur am Handy rumdrückt, da könnt auch Zeit sein zu reden!“
Viele, nicht zuletzt Camhy, die schon vor nicht ganz zwei Jahrzehnten in der Steiermark den Schulversuch „Philosophieren mit Kindern“ in Volksschulen einführte, plädierte dafür, Philosophieren gar nicht noch zusätzlich in Lehrpläne zu quetschen, sondern möglichst in den Unterricht, ob das nun Deutsch sei oder auch Mathematik, einzubauen. So „nebenbei“ stellte sie fest, dass ihre Schulversuche zwar die ersten in Europa waren, heute jedoch andere Länder wie die Niederlande oder Norwegen uns da längst überholt haben und das in den regulären Unterricht übernommen haben.
Johannesaus der Mössingerstraße befürchtete, dass das Autoritätsgefälle zwischen Lehrenden und Lernenden jedoch das Hinterfragen behindern könnte.

Körper und Geist

Drei Personen sitzen an Tischen mit Namensschildern bei einer Veranstaltung.
Manfred Rühl, der eine „philosophische Praxis“ betreibt, brachte einen ganz neuen Gedanken in die Debatte, Philosophie sei nicht nur eine Frage des Geistes, sondern auch der Körperlichkeit. Er lade seine Klient_innen zum Beispiel immer wieder zum gehen, klettern oder wozu auch immer ein und meinte, selbst, wenn jetzt alle aufstünden und einen Platz rüberrutschten, wäre schon ein Perspektivenwechsel vollzogen – mit möglichen Auswirkungen auf andere Sichtweisen. Selbst Pippi Langstrumpfs Suche nach dem „Spunk“ sei eine hochphilosophische Angelegenheit. Auf seine Frage, wer je schon ein „philosophisches Erlebnis“ gehabt hätte, meldeten sich rund 25 Schüler_innen.

Sie glaube hingegen, dass jede und jeder schon ein solches gehabt hätte, sich dessen nur vielleicht gar nicht bewusst gewesen wäre, meinte Vanessa aus dem Gym Tanzenberg. „Denn das eigene Weltbild oder Teile davon wurden wahrscheinlich schon bei jeder und jedem auf den Kopf gestellt. Und vielleicht geht’s gar nicht nur ums suchen, sondern ums finden solcher Momente.“

Die ganze Diskussion kann in voller Länge im Webradio des ORF angehört werden und zwar: In drei Teilen: 7., 8. und 9. Oktober, 19.30-20Uhr
http://oe1.orf.at/campus

Wer’s verpasst, kann die Sendung „nachhören“:
http://www.schuelerradio.at

STANDPUNKT ist eine gemeinsame Veranstaltung von Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur, KURIER und ORF, die organisatorische Durchführung liegt bei keykontakt pr, der Agentur von Kulturkontakt Austria

Infos zu den Podiumsgästen

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