Wege zu gerechteren Noten

Ungerechte Benotung - wer hat das nicht schon leid- oder mitunter auch freudvoll (wenngleich dann vielleicht mit schlechtem Gewissen) in der Schule erlebt. Runtergetragen, weil dich die Lehrkraft nicht leiden kann oder bevorzugt, weil…
Vor diesem Hintergrund diskutierten rund 90 Jugendliche aus vier Klassen dreier Vorarlberger Schulen (Polytechnische Schule Dornbirn, BG Lustenau und HLW Rankweil) beim jüngsten Jugendparlament einen (fiktiven) Gesetzesentwurf zur anonymisierten Beurteilung von Schularbeiten durch Prüfungskommissionen. Ersten würden dadurch die schriftlichen Arbeiten nicht mehr den einzelnen Schüler_innen zugeordnet werden und zweitens ja nicht durch die Klassenlehrer_innen beurteilt. So die Vorlage, die einen Tag lang vom Jugendparlament in vier Fraktionen (weiß, gelb, türkis, lila/violett), mehreren Ausschuss-Sitzungen (mit Vertreter_innen der genannten Parteien) und zuletzt im Plenum von allen Jüngst-Abgeordneten für einen Tag diskutiert und beraten wurden.
Diskussionen und Verhandlungen

Nach der Mittagspause setzte hektische Betriebsamkeit ein, Abgeordnete wurden zwischen den Fraktionen hin und her gesandt, um Koalitionsverhandlungen zu führen und gemeinsame Anträge zustande zu bringen. Weiß und Gelb fanden rasch zueinander, in der zweiten Ausschuss-Sitzung schloss sich Violett dann den beiden an und unterstützte deren Abänderungsantrag an. Demnach sollen Schularbeiten in den Sprach-fächern künftig in Form eines Zahlen-Buchstaben-Codes anonymisiert und durch eine Prüfungskommission beurteilt werden. Türkis blieb mit seiner Ergänzung, der/die Klassenlehrer_in sollte ein letztes Wort haben, allein.
Kein Klubzwang!

Soziale Kompetenz statt Betragensnote
Neben dem besagten Anonymisierungs-Gesetz beschloss die Vollversammlung Anregungen, wie Schularbeitsnoten nur mehr zu 40 Prozent in die Zeugnisnote einfließen zu lassen, dafür Kompetenzen wie Aufmerksamkeit, Ausdauer, Selbstständigkeit, Leistungsbereitschaft und Präsentation als weitere Kriterien für die Notengebung heranzuziehen. Außerdem sollte die Betragensnote in eine für „soziale Kompetenz“ umgewandelt werden.
Reporter_innen

Die 15-jährige Julia Pirker aus der HLW Rankweil fasst dabei ein besonderes Interview aus, eines, das ihr anfangs sogar Knieschlottern bereitete, „ein bisschen nervös war ich schon, immerhin kennt man sie (Barbara Prammer, die Nationalratspräsidentin) ja aus dem Fernsehen., „aber es hat voll Spaß gemacht, weil es ein ganz angenehme Gespräch war“, meint danach die schon lange an Medien interessierte Schülerin. „Ich hab in der Unterstufe schon bei der Schülerzeitung mitgemacht und ich da in die Rolle einer richtigen Reporterin schlüpfen konnte.“ Anfangs sei ihr die Entscheidung, ob Abgeordnete oder Journalistin nicht ganz leicht gefallen, „aber dann war ich doch sehr froh, weil die Arbeit der Abgeordneten haben wir durch unsere Reportagen und Interviews auch kennen lernen können und die Hintergründe, wie’s im echten Parlamentsleben zugeht. Es war echt voll cool!“
Weiteres übers Jugendparlament:
www.reininsparlament.at
www.onlinearchive.at/jugendparlament
https://www.facebook.com/demokratiewebstatt?fref=ts
Diskussion dazu im Beitrag in der Facebookgruppe Bildung ist Zukunft
Einer der Fachleute, die den Jüngstabgeordneten zur Verfügung standen war der Schulsprecher des BG Bludenz, Maximilian Ponader. Er hatte im Zuge der Diskussionen um die standardisierte, kompetenzorientierte neue (Zentral-)Matura dieses Zahlen-Buchstabenkombination als Form der Anonymisierung im Vorarlberger SchülerInnenparlament ausgearbeitet und auch vorgeschlagen, es pilothaft in ein bis zwei Klassen einmal auszuprobieren. Sicher wäre objekte Beurteilung immer schwer umsetzbar, diese Form der Anonymisierung könne einen großen Beitrag dazu leisten. Einen anderen Lichtblick in diesem Bereich sehe er im Teamteaching in den Neuen Mittelschulen, wo es auch dazu komme, dass die Lehrenden eher zu Trainer_innen würden und die Beurteilung durch andere Lehrkräfte erfolgen könne.
Im Gespräch mit dem (Kinder-)KURIER nennt er als weitere Vorschläge des „Ländle“ Parlaments der Schülerinnen und Schüler unter anderem die Einführung des Faches politische Bildung. Dass Jugendliche politisch zu interessieren seien, zeigt nicht zuletzt das Engagement beim Jugendparlament und schon in der Bewerbung der Klassen dafür. Aber es müssten eben viel mehr Schüler_innen solche und andere Möglichkeiten erhalten.

In der Mittagspause, als die Verhandlungen über Kompromissanträge noch offen waren, argumentierten die Türkis-Abgeordneten Philip Klien und Matthias Eggarter noch intensiv für die Benotung durch zwei Lehrkräfte mit einer Letztentscheidung durch die Klassenlehrkraft.
Johannes Schertler von den Weißen hofft da noch auf einen Beschluss für eine komplett anonymisierte Benotung durch eine Prüfungskommission.
Die Runde von Lila-Abgeordneten aus der Polytechnischen Schule Dornbirn meint zu diesem Zeitpunkt, „Anonymität sei unnötig, weil so wie’s ist, ist’s eh gut“, ergänzend meinen Florian Ereš, David Schnellrieder, Michelle Baniček, Marina Čazimović, Nadica Krstić, Zeynep Kazar und Violetta Davydova allesamt nur gute Erfahrungen mit Lehrkräften und Noten gemacht zu haben. Den Tag als junge Abgeordnete hätten sie sich hingegen viel anstrengender vorgestellt, „so ist es gut, zu erleben, wie es echt im Parlament abläuft“.
Es geht auch ganz ohne Noten

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