Von 0 auf 120 in 3 Sekunden

Ein Gepard rennt schnell über eine staubige Fläche.
13-Jährige überredete Eltern, mit ihr ein Geparden-Schutzprojekt zu besuchen. Hier der Bericht der Jungreporterin aus Namibia.

Ich heiße Noomi und kann ziemlich lieb-fordernd sein, wenn ich etwas will. Mit den Geparden war das so: Ich liebe Tiersendungen und besonders die Geparden haben es mir angetan. Dann hab ich von einem Geparden-Schutzprogramm erfahren und meine Eltern so lange bekniet, bis wir dieses besuchten.

Warum haben es mir Geparden so angetan?
Sie sind die schnellsten Säugetiere der Welt und die zweitschnellsten Tiere überhaupt, nur der Falke im Sturzflug ist schneller. Es geht um 120km/h. Jetzt kommt es: Sie beschleunigen schneller als jeder Ferrari. In nur drei Sekunden rennen sie schon auf ihrer Höchstgeschwindigkeit von 105 bis 120 km/h.

Aber nun die traurige Nachricht: Sie sind vom Aussterben bedroht. Noch gibt es weltweit etwa 10.000, und die meisten leben in Afrika südlich der Sahara, ein kleiner Restbestand ist auch in Asien. Nun habe ich von GepardenschützerInnen gehört, und diese wollte ich unbedingt treffen und habe meine Eltern so lange bearbeitet, dass wir nach zweijähriger Familiendebatte unsere erste Fernreise gemacht haben, nach Namibia, weil dort noch 2.500 Geparden leben. Wir haben zwei Geparden-Projekte besucht. Und dabei ist uns klar geworden, in Namibia gibt es ein großes Problem mit Raubkatzen und Farmern. Und es gibt Chancen, für die Farmer und die Geparden.

Geparden vs. Farmer und umgekehrt

Zwei Geparden fressen ein gerissenes Tier im Gras.
Raubkatze mit Beute
Eine Farm ist immer eine Viehfarm, entweder mit Rindern oder Ziegen, denn für Gemüseanbau oder Obst ist es viel zu dürr. Ihr müsst euch vorstellen, dass in Namibia viele Farmen etwa so groß sind wie bei uns ein halbes Bundesland. Daneben gibt es auch die kleinen Farmer, die nur eine Handvoll Tiere haben, um ihre Familie zu ernähren. Rund 85% des Landes gehört Farmern. Nun züchten die Farmer ihr Vieh auf diesen riesigen Weideflächen und das ist auch der Lebensraum der wilden Geparden. Die meisten - rund 90% leben in der Wildnis. Natürlich jagen die Raubkatzen die leichteste Beute, also die Kühe des Farmers statt die viel schnelleren Antilopen und das erklärt, weshalb fast alle Farmer die Geparden lieber abknallen, bevor sie weiteres Vieh verlieren.

Gegenstrategie

Ein Mädchen und eine Frau sitzen vor einer Wandmalerei mit Leoparden und einer afrikanischen Landschaft.
Die Jung-Journalistin und die Geparden-Schützerin
Die GepardenschützerInnen haben nun ein paar Strategien herausgefunden, wie die Farmer und die Raubkatzen doch miteinander leben können. Ich durfte ein Interview mit Dr. Laurie Marker führen. Sie ist die angesehenste Gepardenschützerin weltweit, vielleicht habt ihr sie auch schon in TV-Sendungen gesehen. Laurie kommt aus den USA und hat dort bereits über Geparden geforscht, da war ich noch lange nicht auf der Welt. Später ist sie nach Namibia gezogen, weil sie herausfinden wollte, ob man Zoo-Geparden wieder in der Wildnis ansiedeln könnte.
Eine Gruppe Welpen mit Halsbändern spielt zusammen auf dem Boden.
Kangal-Welpen
Sie hat mir erzählt, dass sie mit einem Hund aufgewachsen ist und am Rücken der Pferde und sie Tiere immer schon geliebt hat. Laurie hat herausgefunden, dass Anatolische Schäfer und Kangalhunde einen tollen Job machen, um Vieh-Herden zu schützen. Diese Hunde kommen ursprünglich aus der Türkei, wo sie Viehherden vor Wölfen und Bären beschützen. Nun züchtet Laurie diese Rassen. Sobald die Welpen ihre Mütter nicht mehr brauchen, kommen sie auf die Farmen und wachsen mit der Farmherde gemeinsam auf. Sie sind die tollsten Beschützer. Durch ihr selbstbewusstes Gehabe, ihre Größe von bis zu 85 cm und ein unglaublich lautes Bellen schlagen sie alle Feinde in die Flucht, die ihre Herde bedrohen.

Seit ich auf der Welt bin hat Laurie schon mehr als 500 Hunde an die Farmer übergeben und sie konnten nahezu alle Herdentiere beschützen. Diesen Job kann Laurie natürlich nicht alleine machen. Deshalb hat sie den Cheetha Conservation Fund gegründet und mit ihr arbeitet ein ganzes Team, um die Farmer für die Hundehaltung auszubilden.

Dornenbüsche

Das Team hat noch eine tolle Erfindung: Überall im Land breiten sich entweder die Menschen aus, viel mehr noch die Dornenbüsche, weil ihnen die Trockenheit nichts macht. Dornenbüsche hatten bislang gar keinen Nutzen und haben die Raubkatzen mit ihren scharfen Dornen nur verletzt. Jetzt arbeiten einige Farmer mit, aus diesen Dornenbüschen Pellets zu machen. So haben sie Brennstoff zum Kochen und in den eiskalten Winternächten zu heizen und die umherziehenden Raubkatzen verletzen sich nicht. Denn ein verletzter Gepard kann nicht jagen und eine Verletzung heißt für die meisten, dass sie verhungern würden.

Apropos Jagen: Wusstet ihr, dass Geparden bei jeder zweiten Jagd erfolgreich sind? Danach passiert aber folgendes: Weil sich das Tier körperlich so verausgabt hat, muss es den Körper etwa eine halbe Stunde durch Hecheln abkühlen bis es die erlegten Beute auch fressen kann. Während dieser Zeit verlieren Geparden etwa die Hälfte der Beute an Leoparden oder andere große Raubtiere.

Die, die mit Geparden redet

Nahaufnahme vom Kopf eines Geparden.
Close-Up eines Geparden
Laurie hat mir erzählt, dass sie ständig mit den Geparden redet. Meist durch Körpersprache. Ich habe sie gefragt, worüber sie mit ihrem Lieblingsgeparden Amani mit Worten sprechen würde, wenn beide dieselbe Sprache sprächen. Sie meinte: „Wie geht es dir?“ und dann ganz aufmerksam zuhören.

Ein zweites Raukatzenprojekt fand ich fulminant. Drei Farmer-Geschwister haben ihre Farm umgebaut und in „Africat“ verwandelt. Jetzt laufen hier viele afrikanische Tiere auf 220 km² (das ist so groß wie halb Wien) frei herum: Geparden, Leoparden, Giraffen, Zebras, Gnus, Stachelschweine, Honigdachse und viele verschiedene Antilopenarten wie Oryx, Springböcke und Impala. Wir haben dort in einer wunderschönen Lodge übernachtet und mit dem Ranger Ron drei Ausfahrten gemacht. Sogar er hat seine Fotokamera gezückt, denn auch er sieht ganz selten, wenn ein Leopard seine Beute am Baum genüsslich verspeist oder wenn zwei Geparden gerade erst ein Dikdik gerissen haben und ihn dann blutverschmiert verspeisen.

Schule

In „Africat“ gibt es eine Schule für alle Kinder des Personals und ein Bildungszentrum für alle, in das viele namibische Schulkinder kommen. Die Idee ist, dass Farmer ihre Herden durch Zäune schützen sollen und die Raubkatzen und die Antilopen draußen bleiben. „Africat“ hilft den Farmern dabei. Unser Ranger ist selbst auf einer Farm aufgewachsen und hat die Farmer als stur bezeichnet, die keine Veränderung wollen. Deshalb lehren sie die Kinder, also die nächste Generation.

Unlängst rief ein Farmer an, der schon viele Geparden erschossen hatte und meinte, die Leute von „Africat“ könnten sich den Geparden holen, der gerade auf seiner Farm wäre. Das haben sie auch gemacht, sich bedankt und ihn gefragt, wieso er ihn diesmal nicht erschossen hat, wie er es bisher immer getan hatte. Da meinte der Farmer, seine Tochter hätte ihn darum gebeten. Sie wäre vor kurzem bei „Africat“ gewesen und wollte unter keinen Umständen, dass er den Geparden erschießt, weil er fürs Ökosystem ganz wichtig wäre. Wir konnten sehen, wie Ron gestrahlt hat. Seine Überzeugungsarbeit hat sich gelohnt.

Touris

Eine Gruppe von Menschen auf der Ladefläche eines Toyota-Pickups beobachtet Geparden.
Geparden kommen ganz nah ans Touri-Auto
Für die Geparden in Namibia sind auch die Touristen wichtig zum Überleben. Die Namibianer wissen, dass viele wegen der Safaris ihr Land besuchen. Wenn sie diese wilden Tiere vielleicht selbst nicht wollen, so sichern die Reisenden doch vielen Familien durch die Arbeit im Tourismus ihr tägliches Leben. Für mich war diese Reise ein Anfang. Vielleicht mache ich mal ein Praktikum bei Laurie Marker. Derzeit ist eine Grazer Veterinärmedizinerin bei ihr im Cheetah Conservation Fund. Jedenfalls habe ich Laurie versprochen, mich für Geparden einzusetzen.
Noomi Sollak, 13

http://cheetah.org/

www.africat.org/

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