Schöne neue Arbeitswelt

Zwei Frauen stehen vor einer hellblauen Wand, beleuchtet von einem Licht.
Contractions (Nachwehen): Theaterstück über Tretmühlen, verlogene Feundlichkeit usw. in Unternehmen im Wiener Kosmos-Theater

Wie geht es Iiiihnen?“ Alles andere als das „auauausgezeichnet“ wäre wohl schon fast so wie ein Affront, ein kleiner Akt des Widerstandes. Willkommen in der schönen neuen Arbeits- und Berufswelt. Freundliche Einladung zum Mitarbeiter_innen-Gespräch. So freundlich, dass nicht nur die Mitarbeiterin – und natürlich das Publikum - die Verlogenheit spürt, sondern die Managerin gleich mit vermittelt: Deine Befindlichkeit „werte Mitarbeiterin“ ist mir so was von wurscht. Erwartet wird fast sklavenartige Untergebenheit, Befolgung aller Normen, aller Vorgaben, keine Eigenständigkeit und ja keine Individualität, nichts Privates in der Firma.

Keine Individualität!

Das Gesicht einer verschwitzten Frau mit aufgerissenen Augen und leicht geöffnetem Mund.

In Contractions (Nachwehen) von Mike Bartlett (Übersetzung: Lorenz Langenegger), derzeit in einer Koproduktion mit „DAS GUT“ im Theater Kosmos in der Wiener Siebensterngasse zu sehen, spielen Rita Dummer diese Managerin, die regelmäßig ihre „Mitarbeiterin“ Emma (Rachelle Nkou ) zum Gespräch „bittet“, um ihr deutlich zu verklickern, Gefühle hätten hier im Unternehmen keinen aber schon gar keinen Platz. Dabei lässt sie gleich anklingen, dass sie – fast schon früher noch als Emma – von einer sich anbahnenden Romanze wüsste. Und als es diese tatsächlich gibt, sogar mit der Folge eines gemeinsamen Kindes von Emma und einem Mitarbeiter, stellt sie sie vor die „Alternative“ Versetzung des Mitarbeiters/ Tod des Kindes“.

Von Mal zu Mal wird das von der Struktur fast monoton gleich ablaufende Gespräch der – namenlos bleibenden – Managerin und Emmas in der Konsequenz brutaler.

Illusionslos

Eine Frau mit hellgrünem Gesichtsausdruck blickt nach oben.

Ansatzweises Widerstreben Emmas unterdrückt sie immer wieder, sonst... Selbst als sie nach dem Tod ihres Sohnes Steven und der Nicht-Rückversetzung von dessen Vater erstmals ankündigt, die Firma verlassen zu wollen, ordnet sie sich frisch wieder unter. Zerschlägt die Hoffnung – vieler im Publikum – auf ein happy end, ja sogar ein mögliches offenes Ende. Um Illusionen in das (verzerrte?) Abbild dessen was derzeit vielfach als reale „schöne“ neue Arbeitswelt unter den Bedingungen des fast schrankenlosen Turbofinanzkapitalismus erst gar nicht aufkommen zu lassen?

Schmerzhaft

Eine Frau berührt das Gesicht einer anderen Frau vor einem blauen Hintergrund.

Wie auch immer, jedenfalls spielen Rachelle Nkou die Untergebene, die ihren Ärger und ihre Wut sichtbar schluckt sowie Rita Dummer, die zwar Macht über die Mitarbeiterin ausübt, aber als Managerin selbst einsam, arm, getrieben, auf das – zeitweise glückliche Privatleben eifersüchtig ist -, ihre Rollen sehr, sehr überzeugend, gefangen im im ständig überwachten Hamsterrad so schmerzhaft, dass es beim Zusehen fast weh tut.

CONTRACTIONS (NACHWEHEN)

Eine stehende Frau im weißen Anzug dirigiert eine kauernde Frau mit einem Taktstock.

von Mike Bartlett(Übersetzung: Lorenz Langenegger)

Koproduktion von DAS GUT und KosmosTheater

Es spielen:

Rita Dummer & Rachelle Nkou

Regie: Alexander Braunshör

Musik: Boris Fiala

Choreografie: Anna Hein

Video/Fotos: Judith Stehlik

Licht/Technik: Helen Farnik

Raum: Stephan Köberl

Künstlerische Mitarbeit: Birgit Linauer

Bis 24. Mai; jeweils 20.30Uhr

KosmosTheaterWien

1070 Wien, Siebensterngasse 42

Telefon: (01)523 12 26kosmostheater.at

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