Unschuldsvermutung aus Feigheit
Wo die Leute nur den Mut hernehmen, so ungeheuer feige zu sein?!“ So endet Slátan Dudows derzeit vom „Theaterherbst Grenzenlos“ gespieltes Stück „Der Feigling“. Während der Aufführungsserie im Waldviertler Zwettl machte das Sextett einen Abstecher nach Wien, ins Theater Akzent, das dabei leider noch viele Plätze frei hatte.
Die Story
Der akribisch, gewissenhafte Mitarbeiter Johannes Krauthahn deckt Unterschlagungen in Millionenhöhe eines Firmenbosses namens Phillip auf. Damit schafft er es in die Schlagzeilen der Zeitungen. Keine Mitarbeiterin, kein Mitarbeiter, wer nicht selber irgendwelche Hinweise gegeben, ihn mehr oder minder auf die Spur gebracht haben will, als sie neidvoll zählen, wie oft Krauthahns Name in einem Artikel vorkommt.
Doch...
... das Blatt wendet sich. Wer das Geld hat, hat die Macht. Herr „Phillip“ hat den größeren Einfluss, die besseren Beziehungen. Krauthahn will daraufhin nach Möglichkeit alle Beweise los werden. Nun möchte keine andere/kein anderer auch nur das Geringste mehr mit der Aufdeckung zu tun haben. „Man muss nicht alles gesehen haben, was man gesehen hat...“, wird ihm geraten.
Der Protagonist Krauthahn gerät in Turbulenzen, flüchtet ins Krankenhaus. Dort droht eine unnötige Operation. Er tobt und soll ins „Irrenhaus“, flüchtet, ein - gar nicht geschehenes - Verbrechen wird ihm zur Last gelegt, er landet im Gefängnis...Beim Prozess fallen Zeug_innen aus, verbliebene um und seine Großtante will ihn nicht einmal mehr kennen.
Turbulent
Hurtig verwandeln sich – mit Ausnahme des Hauptdarstellers Gottfried Neuner - alle anderen oft blitzschnell. Eine Bürokollegin ist auch Krauthaars Ehefrau oder die Richterin und Juwelendiebin (Manuela Seidl), eine andere wird u. a. Krankenpflegerin und Staatsanwältin (Claudia Carus). Die dritte im Bunde der Angestellten spielt auch die Psychiaterin sowie die Großtante Geheimrätin Krauthaar. Kollege Becket (Randolf Destaller) gibt auch den Chirurgen, den Verteidiger, U-Richter und einen der Häftlinge. Kollege Felix (Martin Schlager) schlüpft gleich in noch mehr als ein halbes Dutzend weitere Rollen.
Sie alle sind Teil eines Ganzen, der menschlichen Schwäche, die der bulgaro-deutsche Autor (1903 – 1963), Mitarbeiter von Bert Brecht, Fritz Lang („Metropolis“) und Sergei Eisenstein, und selber Regisseur, u.a. von „Kuhle Wampe oder wem gehört die Welt“, in diesem Stück satirisch und immer wieder zum Lachen provozierend auf den Punkt bringt. Keine Haltung - eben Feigling. Die in den vergangenen Jahren immer wieder aktuell strapazierte Formulierung „ Unschuldsvermutung“musste sich der Theatertruppe, die dankenswerterweise Jahr für Jahr einen anderen Theaterautor insbesondere aus Osteuropa auf heimische Bühnen bringt, natürlich zwangsläufig aufdrängen.
Der Feiglingvon Slátan Dudow
Theaterherbst Grenzenlos Textbearbeitung, Regie und Raum: Marius Schiener Es spielen in wechselnden Rollen: Claudia Carus, Randolf Destaller, Rita Dummer, Gottfried Neuner, Martin Schlager und Manuela Seidl
Wann & wo? Bis 22. November 2015 Stadtsaal Zwettl 3910, Hammerweg 2 Telefon: (0 2822) 521 48www.theaterherbst.at/
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