"Wir wollen unter die Top 5!"

Eine Gruppe Frauen tanzt in einem Raum mit politischen Postern an den Wänden.
Mädchen und junge Frauen trainieren für die Europameisterschaft kurdischer Tänze in Hamburg, Probenbesuch in Wien.

Leise dringen orientalische Klänge durch die offene Tür des Ecklokals Jurekgasse/Lehnergasse. Über dem Eingang glänzt ein neues Schild: „demkurd“ – Demokratisches Gesellschaftszentrum der KurdInnen in Wien in einem grün-rot-gelben Oval, den Farben dieses auf fünf Länder aufgeteilten Volkes. In einem Nebenraum des großen Veranstaltungssaales tönt nicht nur die Musik lauter. Hier liegt auch Schweiß in der Luft. Mehr als ein Dutzend Mädchen und junge Frauen tanzen zur Musik aus dem Laptop und Live-Trommelschlägen. Mal in einer Reihe, mal in Duos, die aus zwei aufeinander treffenden Reihen sich nach vorne bewegen, mal im Halb oder vollen Kreis...

Anstrengend, aber...

Eine Gruppe junger Frauen tanzt in einem Raum mit kurdischen Flaggen und Porträts.
Sie tanzen vor den wohlwollenden und doch strengen Augen der jungen Choreografin Ruken, zeitweise so etwas wie assistiert von der siebenjährigen Şevin. „Zählt vielleicht leise für euch bei den Schritten mit. Und schaut gerade aus und lächelt“, gibt Ruken in einer Pause Tipps an die Tänzerinnen. Diese bereiten sich hier auf die Teilnahme an der Europameisterschaft für kurdische Volkstänze vor, die zum 28. Mal ausgetragen wird – diesmal im deutschen Hamburg.

„Anstrengend sind die Proben schon irgendwie“, meinen Hazel, Helî, Evîn, Xezal und die anderen in einer Pause, „aber schwer ist es nicht. Du musst aber auf alles aufpassen, also nicht nur die Schritte, sondern auch wie du dreinschaust. Die Jury bei „Mîhrîcan“ wie der Bewerb heißt, schaut auf alles: Auf die Kostüme, sogar die Socken. Auf die Schritte, wie synchron wir die alle tanzen, wie wir die Bühne ausnutzen, aber auch aufs Gesicht. Ob du das Gefühl des Tanzes zum Ausdruck bringst.“

Für die meisten eine Premiere

Eine Gruppe von Frauen tanzt in einem Raum mit politischen Postern an den Wänden.
Hazel (14) kommt von der Tanzgruppe in Linz, die drei anderen namentlich Genannte von der Wiener Tanzgruppe Koma Raperîn. Sie tanzt „so seit sechs oder sieben Jahren, meistens bei Festen wie Hochzeiten und so. Aber da ist das normal, jetzt vor dem Wettbewerb ist das ganz was anderes, da sind wir schon alle ganz nervös, oder fast alle, weil für die meisten ist es eine Premiere, das erste Mal, dass wir an so etwas teilnehmen.“ Das kommt daher, dass aus Österreich schon seit 2007 keine Tanzgruppe mehr bei der Europameisterschaft mitgemacht hat. Damals war Neslihan, Leiterin der Linzer Gruppe, dabei. Auch heuer tanzt sie wieder mit in den Formationen. Die teilnehmenden Gruppen suchen sich jeweils Tänze aus einer der kurdischen Regionen in der Türkei. Damals, so erinnert sich Neslihan, „waren es Tänze aus Mardin“.

Auftritte, Begegnungen, Bewerb

Ein Regal mit einer Sammlung von Pokalen und Büchern.
Heuer tritt die Gruppe aus Österreich mit Tänzen aus Erzincan an. „Wir haben uns das ausgesucht, weil keine andere Gruppe, die antritt Tänze von dort hat“, gesteht Hazel auch eine taktische Entscheidung der jungen Tänzerinnen (14 bis 22 Jahre). „Auch wenn es vor allem um das Treffen mit den anderen Gruppen aus vielen Ländern geht, um den Austausch, vor allem die menschliche Begegnung, geht es schon auch stark um den Auftritt und darum, dass wir gut abschneiden. So Fifty-Fifty“, meint Neslihan. Und neben Begegnungen, vielleicht neuen Freundschaften und den Auftritten – „es gibt am Anfang auch eine große Tanz-Parade alles Gruppen in der Stadt“ – geht es auch um die kurdische Sache – das zeigen bei den Proben auch so manche T-Shirts. Und wie wichtig ihnen allen die Teilnahme ist, dokumentiert vielleicht auch noch Dilara. Sie hat eine Bänderzerrung am rechten Fuß. Und trainiert dennoch – mit Schiene – mit.

„Aber unter die ersten fünf wollen wir schon!“, ist das einvernehmliche Ziel vieler Teilnehmerinnen, die auf die entsprechende Frage sagen: „Leider tanzen in Österreich nicht so viele Jungs, darum sind wir eine reine Mädchen- und Frauengruppe.“
Die Pokale auf einem Kasten im Probenraum stammen übrigens alle von diversen anderen Tanzmeisterschaften.

Mehr als fünf Dutzend Fotos von den Proben in der Bilderstrecke!

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