Als der Moderator (Alois Schörghuber, ORF/Ö1) der jüngsten Standpunkt-Diskussion die Frage, ob es möglich sei, im Mediendschungel einen Überblick zu haben, ans Publikum des mehr als vollbesetzten großen Sendesaals stellte, zeigten sechs (in Ziffern 6!) Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf. Fürs Gegenteil, nämlich, dass es nicht möglich wäre, stimmten viel mehr. Die große Mehrheit der mehr als 270 Jugendlichen und ihrer Lehrkräfte jedoch enthielt sich der Stimme.
Medien – wie informieren sie? Gibt es Objektivität? Können sich Konsument_innen auf die Informationen verlassen? Und was hat das alles mit Schule zu tun? Sozusagen in einer Art ergänzender Fortsetzung zur Diskussion rund um politische
Bildung stieg Anfang Dezember im RadioKulturHaus in der Wiener
Argentinier Straße eine weitere Diskussion von Jugendlichen mit Podiumsgästen. Standpunkt nennt sich diese Diskussionsreihe, bei der meist nur kurze Statements vom Podium kommen, um möglichst viele Schülerinnen und Schülern zu Wort kommen zu lassen. Und die Themen basieren auf Vorschlägen der Diskutant_innen, die jeweils nach der Diskussion gesammelt werden.
Nun also Medien – und die Auseinandersetzung mit ihnen als Teil des schulischen Alltags. Objektiv ist ein Begriff der immer wieder genannt wird, eine solche kann es nie wirklich geben, aber objektivierende Berichterstattung sollte angestrebt werden – mit Check und wenigstens Gegen-Check von Nachrichten, Meldungen und Informationen durch die bearbeitenden Journalist_innen – postulierte gleich eingangs
Rubina Möhring, u.a. Präsidentin von
Reporter ohne GrenzenÖsterreich. Und ein Thema sollte von möglichst vielen Seiten beleuchtet werden. All dies würde zusehends schwieriger, weil die Verlags- und Medienhäuser immer weniger Mitarbeiter_innen beschäftigen und damit immer weniger Zeit für die Bearbeitung eines Artikels oder Beitrags bliebe.
Wörter und Sprache sind nicht unschuldig lautete das Eingangs-Statement des Journalisten und Mitbegründers der Zeitung Augustin,
Robert Sommer. Als Beispiele nannte er u.a. Entwicklungshilfe und da speziell Aids-Hilfen – der Großteil des Geldes lande da ja nicht in den Ländern und bei den Menschen vor Ort, sondern bei Pharmakonzernen.
Sommer brachte später aber auch noch das Beispiel eines immer wieder in praktisch allen (anderen) Medien hochgelobten (ober-österreichischen Weltkonzerns, der Feuerwehrautos herstellt. Aber nicht nur, viel Geschäfte mache das Unternehmen auch mit Wasserwerfern, die sogar Tränengas beimischen könnten – als Mittel von Despoten gegen Demonstrantinnen und Demonstranten.
Globales Lernen
Erika Tiefenbacher, Direktorin der für viele Projekte bekannten Neuen MittelSchule Schopenhauerstraße 79, ging‘s auch hier gleich konkret an: Im Rahmen globalen Lernens seien in ihrer Schule die Flucht- und Flüchtlingsbewegungen weltweit betrachtet worden – womit sich die „Flut“ aus der medialen Berichterstattung schon einigermaßen relativiere. Finden doch rund 99 Prozent der weltweit 60 Millionen Flüchtenden Notquartiere in den jeweils eigenen bzw. Nachbarländern.
Mehr als ein Dutzend Jugendliche beteiligten sich – teilweise sehr aktiv durch mehrere Wortmeldungen – an der Debatte. Alexander Kreibach und
Mark Beier von der HandelsAKademie Hamerlingplatz (VBS), Andrej Resanović,
Gregor Fabian,
Florian Königslehner,
Lena Karner,
Stefan Rainer und
Stefan Maneinen vom SchulZentrum Ungargasse, Anna Bogosavljević von der HAK des BFI (BerufsFörderungsInstituts) Margarethenstraße, Cağla Çetin von der Berufsschule für Verwaltungsberufe in der Embelgasse,
Daniela Angerer vom BundesBlindenInstitut, David Lakish vom Gymnasium Pichelmayergasse, Ella Zwarz,
Paul Schaffer und
Lola Romanov von der Graphischen sowie die Lehrer_innen
Hermann Schindler (Die Graphische) und
Michaela Frick (Berufsschule für Verwaltungsberufe Embelgasse) sprachen eine große Bandbreite an.
Die reichte vom mehrfach empfundenen Vorrang von Verkaufsinteressen über den inhaltlichen Journalismus über die Undurchsichtigkeit, wer darüber entscheide, was letztlich veröffentlicht werde, die teilweise seltsam anmutende Gewichtung von Themen bzw. das oft von einem Tag auf den anderen Verschwinden von Themen, die zuvor tage- und wochenlang dominierten, wo die Grenzen zwischen freier Meinungsäußerung und „hate speech“ lägen, welche macht Medien hätten oder haben könnten bis dahin, was davon in der Schule gelernt/gelehrt werden könnte. Die gesamte Diskussion ist übrigens im Radio nachzuhören – siehe Infos.
Diskutieren, reflektieren, Mut zur eigenen Meinung
Zu Medienbildung meinte die Direktorin im Podium, Schule müsse der Ort sein, wo dazu – nicht zuletzt auch über Social Media – diskutiert und reflektiert werden könne/dürfe/müsse. Schule müsse aber auch jener Ort sein, an dem die Entwicklung zu Persönlichkeiten gefördert werden müsse, die sich auch trauen, etwas zu sagen was gegen den Mainstream von Medien gerichtet sei, den Mut zu haben, einen anderen Blickwinkel einzunehmen.
„Wie transparent ist die Meinungsbildung? Schule braucht Medienbildung.“ Die Diskussion der Reihe „Standpunkt“ (gemeinsame Veranstaltung vom Bundesministerium für Bildung und Frauen und
ORF) kann im Radio (nach)gehört werden.
Links zur Arbeit der Podiumsgäste: Rubina Möhring,
Reporter ohne Grenzen: http://www.rog.at Robert Sommer: http://www.augustin.or.at Erika Tiefenbacher, Direktorin der NMS Schopenhauerstraße 79: http://www.schop79.at Yilmaz Gülüm, Politredakteur bei NEWS, Leiter von Kobuk – Verein für kritischen Medienkonsum kam leider nicht zur Diskussion und sagte auch nicht rechtzeitig ab, hier aber der Link zu der medienkritischen Plattform: http://www.kobuk.at
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