Sie ging in die 8.Klasse, hatte nur 2er und 3er...
Von Martin Axelrad über Eveline Chaskalowicz, Klara Laufer bis zu Heinz Ullmann und Norbert Wajsmel – Tontäfelchen im Eingangsbereich des Erich-Fried-Gymnasiums in der Wiener Glasergasse zeigen seit knapp vor Ostern 120 Namen. Namen von Schülerinnen und Schülern, die im Herbst 1937 das Schuljahr begannen. Und im Frühjahr von einem Tag auf den anderen ihre Schule verlassen mussten. Weil das neue Regime, die Diktatur der Nazis, aussonderte. Jüdinnen und Juden durften nicht mehr mit anderen Kindern gemeinsam in den Klassen sitzen.
Individuell
Das ist oft bekannt, und daran wird – auch in dieser Schule – schon länger erinnert. Erstmals aber nun sind die Namen aller vertriebenen Kinder und Jugendlichen zusammen getragen worden. Kinder und Jugendliche haben in den vergangenen Monaten diese Tontäfelchen angefertigt. Und sich dabei natürlich auch mit den Hintergründen beschäftigt. „So viel haben wir vorher nicht gewusst“, meint Coco. Informiert hätten sie sich über Bücher, Videos und Websites ergänzt Kalina. Rahi hat eben einen Namen fertig gestempelt und Zainab findet gut, „dass wir so was in Werken machen“.
Immerhin werden so aus der vielleicht anonymen großen Zahl von 120 vertriebenen Schüler_innen eben 120 einzelnen Kinder und Jugendliche – nicht zuletzt dank moderner Technik. Jede der Namenstäfelchen ist über einen sogenannten QR-Code (ein Strichmuster-Bild) mit einer Website verbunden, die zu jedem Namen die dazugehörige Seite aus dem Klassenbuch von 1938 zeigt. So ist zu erfahren, dass Mirjam Färber damals bereits in die 8. Klasse ging, also nur wenige Monate vor ihrem Schulabschluss stand und bis dahin nur 2er und 3er im Zeugnis hatte.
Was hast du damals getan was du nicht hättest tun sollen?
»Nichts«
Was hast du nicht getan, was du hättest tun sollen?
»Das und das Dieses und jenes: Einiges«
Warum hast du es nicht getan?
»Weil ich Angst hatte«
Warum hattest du Angst?
»Weil ich nicht sterben wollte«
Sind andere gestorben, weil du nicht sterben wolltest?
»Ich glaube ja«
Hast du noch etwas zu sagen zu dem was du nicht getan hast?
»Ja: Dich zu fragen, Was hättest du an meiner Stelle getan?«
Das weiß ich nicht und ich kann über dich nicht richten. Nur eines weiß ich: Morgen wird keiner von uns leben bleiben, wenn wir heute wieder nichts tun.
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