Olympia und Othello

Die Präsidentin des Olympischen Comités sucht nach DEM Gesicht für die Bewerbung. Nein, kein Stegreif-Sketch, kein spontanes Aktionstheater anlässlich der dieser Tage aufgefalmmten Olympia-in-Wien-Debatte. Seit Monaten haben Blair Darby und die Theatergruppe daskunst hart daran gearbeitet, diese Story als eine aus gut einem halben Dutzend entwickelter Konzepte ausgewählt. Als Rahmenhandlung für eine herrlich bitter-böse satirische Version von Shakespeares Othello. Donnerstag Abend (13. Dezember) feierte „How to kill an Othello“ im Theater im Nestroyhof/Hamakom eine viel bejubelte Premiere.
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Glenn Bristol
How to kill an Othello (10)
A Star was born
Der Star wird aufgebaut, bringt Quote, denn im internationalen Sport ist Buntheit angesagt, so wird der dunkelhäutige Ex-Boxweltmeister zu einem genialen Werbeträger – nicht zuletzt in auf Quoten zielenden TV-Show-Formaten und in diversen Produktwerbungen. Genial der Kniff, den intriganten Gegenspieler Jago gleich auf sechs Personen – allesamt weiß gekleidet – aufzuteilen. Erst pushen sie ihn, um ihre eigenen Geschäfte in seinem Schlepptau zu machen – ob direkt Kohle, Quote oder die Erhöhung der Chancen, Olympia nach Austria zu holen.
Ständig erhöhen sie den Druck, machen ihn mehr und mehr zu ihrer Marionette, reagieren ärgerlich, wenn ihr Star eigenständig handelt, etwa einen Türken zu seinem Vize macht... um später Schmutzkübel-Storys auszugraben, Intrigen zu spinnen, seine Liebe zu Desdemona, die deren Vater (auch einer der Jagos) ohnehin zerstören will, ins Wanken zu bringen – mit dem bekannten Shakespeare'schen Ende, ihn zum Eifersuchtsmord zu treiben. „That's life...!“ der bekannte Song, der in fast allen Ohren mit einem Werbespot verknüpft ist – setzt hier das Tüpfelchen auf das I.
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Glenn Bristol
How to kill an Othello (03)
Hetzjagd
Wunderbar spielen sich die Jagos ( Eri Bakali, Oktay Günes, Alev Irmak, Bernhard Mrak, Susanne Rietz) durch viele Facetten des zunächst Hochjubelns und dann Fallenlassens, ja Nieder- und Unterdrückens von Othello (Blair Darby). Nur Christian Strasser als Vater Desdemonas (Jaschka Lämmert) stellt sich von Anfang an gegen den Schwiegersohn. Doch auch er arbeitet nicht eindimensional.
Schön auch wie subtil der momentane Boom, sich mancherseits ein bisschen migrationsfreundlicher zu geben aber nur ja „nicht zu viel“ und die Maske fallen zu lassen, wenn's drauf ankommt, immer wieder zwischendurch auf die Schaufel genommen wird.
Sehr kurzweilige, kompakte, vielschichtige, humorvolle und dennoch in die Tiefe gehende knapp fünf Viertelstunden.
Dass mit der Olympia-Frage die reale Politik das Theaterstück unfreiwillig aktualisierte, war nicht geplant, konnte es ja gar nicht sein. Auch dass mit Biko Botowamungo ein ehemaliger österreichischer Boxmeister und Olympiateilnehmer, der in Zaire, der heutigen Demokratischen Republik Kongo geboren wurde, in der nächsten Staffel von Dancingstars tanzt, war nicht vorher zu sehen.
How to kill an Othello
Eine Tragikomödievon Blair Darby & daskunstOthello: Blair DarbyDesdemona: Jaschka LämmertJagos: Eri Bakali, Oktay Günes, Alev Irmak, Bernhard Mrak, Susanne Rietz, Christian Strasser Regie: Asli KislalDramaturgie: Carolin Vikoler, Berk KristalRegieassistenz: Doro Joss, Berk KristalMusik: Uwe FelchleBühnenbild und Visuals: Markus Liszt, Conny Zenk, motionlabTontechnik: Matthias FeldmannBis 17. Dezember 201216. bis 20. Januar 2013Beginn: 20 UhrTheater im Nestroyhof – Hamakom1020 Wien, Nestroyplatz 1Telefon (01) 89 00 314contact@hamakom.at
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